2007
Drei Mittel, ein heiliges Zuhause zu schaffen
Juli 2007


Drei Mittel, ein heiliges Zuhause zu schaffen

Was wir tagtäglich zu Hause tun, bietet Gelegenheiten, tätig Liebe zu erweisen, zu dienen, gehorsam zu sein und zusammenzuarbeiten.

Die Pioniere mussten für ein ordentliches Zuhause hart arbeiten, und sie mussten es auch in einer unwirtlichen Umgebung behaupten. Betrachten wir einmal die Geschichte von Ann Howell Burt. Sie wanderte aus Wales aus, heiratete und verbrachte dann den Sommer 1863 in einem Erdloch im nördlichen Utah. Als junge Mutter musste sie schwer arbeiten, um Ordnung zu halten und ihre Familie zu versorgen. In ihrem Tagebuch schrieb sie:

„Vor ein paar Tagen tötete ich eine Klapperschlange mit meinem Nudelholz, als sie sich die Treppe hinunterschlängelte. Ich kochte gerade das Abendessen, und das Baby war auf dem Fußboden oder, besser gesagt, auf der Erde. … Ich hatte schreckliche Angst. …

Vor einigen Tagen, als ich die Fliegen vom Gesicht meines schlafenden Babys fortscheuchte …, entdeckte ich, dass eine große Tarantel auf das Kind zukrabbelte. Ich griff den Besenstiel, schob die Spitze davon zur Tarantel hin, und als sie daran hing, … warf ich sie schnell ins Feuer“1.

Viele von uns müssen sich zwar keine Sorgen darum machen, dass Taranteln und Schlangen bei uns zu Hause eindringen könnten, doch wir sind von weitaus größeren Gefahren bedroht. Unsere Taranteln und Schlangen sind sittlicher Natur, und sie sind äußerst raffiniert. Dazu gehören Abtreibung, die Geringschätzung der häuslichen Arbeit, die Schwierigkeit, als Familie gemeinsam zu essen, die sich ändernde Rolle von Mutter und Vater sowie die Untergrabung der Ehe durch Scheidung, Zusammenleben ohne Trauschein und gleichgeschlechtliche Ehe. Es wäre schön, wenn wir diese Eindringlinge mit Haushaltsgegenständen zurückschlagen könnten, aber vielfach haben wir unsere Nudelhölzer und Besenstiele eingebüßt.

Das Familienleben verfällt

Heutzutage ist es ganz normal, dass junge Frauen als ihr Ziel für die Zukunft aufregende Karrierepläne schildern. Diese jungen Frauen wünschen sich höchstwahrscheinlich auch, Ehefrau und Mutter zu werden, aber heutzutage scheint es angebrachter zu sein, Karriereziele zuerst zu erwähnen. Obwohl wir diese Möglichkeiten für Frauen als wertvoll erachten, sind Mutterschaft und Hausarbeit aus unserer modernen Gesellschaft als ein Lebensweg, der selbstverständlich eingeschlagen werden kann und geschätzt wird, fast völlig verschwunden.

Stattdessen herrscht offenbar allgemein die Ansicht vor, dass es einer Mutter gestattet sein sollte, sich selbst zu verwirklichen – jedenfalls sofern sie sich die zeitgemäßen Annehmlichkeiten für ihr Zuhause und die Familie leisten kann. Das Zuhause wird oft fälschlicherweise als ein Ort angesehen, von dem die Frau ausbrechen muss. Manche Ideologien wollen der Frau gar weismachen, dass häusliche Pflichten sie in ihrem vollen Potenzial einschränken, und sowohl Frauen als auch Männer sind versucht, die wichtigen, alltäglichen Kleinigkeiten, die so typisch für das Familienleben sind, gering zu schätzen – und somit büßen wir Nudelholz und Besen ein.

Zwar haben die Annehmlichkeiten unserer Zeit uns von einigen Hausarbeiten befreit, aber sie haben auch dazu geführt, dass das Familienleben verfällt. Wir sind versucht, gering zu schätzen, wie wertvoll es ist, was man tagtäglich zu Hause tut – zum Beispiel als Familie zusammen essen –, und infolgedessen gehen uns wichtige Gelegenheiten verloren, individuell und als Familie zu wachsen. Die Autorin Cheryl Mendelson erklärt: „Weil wir uns mehr und mehr an Institutionen von außerhalb wenden, um unsere [alltäglichen] Bedürfnisse zu stillen …, schwinden [unsere] Fähigkeiten und Erwartungen …, und das wiederum macht es immer unwahrscheinlicher, dass das Zuhause unsere Bedürfnisse stillt“2.

Bei einer Generalkonferenz hat Präsident Spencer W. Kimball (1895–1985) uns gewarnt: „Ein Großteil der gesellschaftlichen Schranken, die in der Vergangenheit dazu beigetragen haben, die Familie zu stärken und zu unterstützen, fallen und gehen verloren. Es wird die Zeit kommen, in der nur diejenigen, die aktiv und von Herzen an die Familie glauben, ihre Familie inmitten des Bösen, das sich um uns herum zusammenbraut, werden bewahren können“3.

Schützen wir unser Zuhause und die Familie

Wie können wir unser Zuhause erfolgreich gegen „das Böse, das sich zusammenbraut“, verteidigen und auf unsere ewigen Ziele hinarbeiten?

Erstens: Wir müssen wiederentdecken, dass das Zuhause heilig ist und heiligen Absichten dient, und diese Heiligkeit schützen. Im Bible Dictionary steht: „Nur das Zuhause ist an Heiligkeit dem Tempel vergleichbar“4. Wenn unser Zuhause dem Tempel gleichkommt, wodurch wird es dann heilig? Ein Wörterbuch definiert heilig als „zu Gott gehörig oder ihm geweiht; verehrungswürdig; für eine Person, Sache oder einen Zweck bestimmt beziehungsweise ihnen geweiht; etwas, [was] nicht missachtet oder gering geschätzt werden darf; gut geschützt, zum Beispiel vor Beschädigung und Störungen“5.

Übertragen Sie diese Vorstellung von etwas Heiligem auf das, was sich tagtäglich bei Ihnen zu Hause abspielt – Mahlzeiten, Musik, Freizeit, Wäschewaschen und was Sie sonst noch in Haus und Hof tun. Profane Tätigkeiten können einem höheren Zweck dienen und dürfen nicht gering geschätzt werden; sie verschaffen uns Gelegenheiten, Charakterstärke und moralisch einwandfreie Verhaltensweisen zu entwickeln und zu üben. Durch diese alltäglichen Arbeiten können wir etwas über sittliche Wahrheiten lernen und Ehrlichkeit, Geduld, Nächstenliebe und brüderliches Wohlwollen in die Tat umsetzen. Wenn man tagtäglich zu Hause arbeitet und die Freizeit gestaltet, schafft das ein Umfeld, in dem Kinder und Erwachsene eine Fülle von Entscheidungen treffen und daraus lernen können. Beispielsweise könnte ein Kind, ein Ehepartner oder auch ein Zimmergenosse sich dafür entscheiden, zu Hause seinen Beitrag zu leisten, indem er darauf achtet, was getan werden muss, und es bereitwillig erledigt. Der Betreffende könnte aber auch darauf warten, dass man ihn auffordert, und sich dann beklagen, weil es ihm nicht passt.

Was bei uns zu Hause alltäglich geschieht, kann so simpel erscheinen, dass wir übersehen, wie wichtig es ist – so wie die Kinder Israel, als sie unter einer Schlangenplage litten. Um geheilt zu werden, mussten sie lediglich die eherne Schlange auf einem Stab anschauen (siehe Numeri 21:8,9), aber weil das so einfach war, taten es viele nicht. „Weil der Weg so einfach war, ja, weil er so leicht war, gab es viele, die zugrunde gingen.“ (1 Nephi 17:41). Das, was wir tagtäglich zu Hause tun, mag einfach sein, aber weil es einfach ist und sich häufig wiederholt, werden dadurch wichtige Gelegenheiten geschaffen, wie der Einzelne und die Familie Fortschritt machen kann.

Zweitens: Wir müssen täglich gemeinsam als Familie essen und ein Erlebnis daraus machen. Heutzutage finden viele es einfacher, sich allein in der Küche zu verpflegen, im Auto zu essen oder ins nächstgelegene Restaurant zu gehen und dort auf die Schnelle etwas zu essen, anstatt eine Mahlzeit zuzubereiten und sich gemeinsam als Familie zusammenzusetzen.

Was geht uns dabei verloren? Mahlzeiten als Familie wirken sich vielfach positiv aus. Forschungsergebnisse besagen, dass Kinder dadurch besser ernährt werden6 und weniger psychische Probleme sowie seltener ris- kante beziehungsweise selbstzerstörerische Verhaltensweisen entwickeln7. Mahlzeiten als Familie in einem positiven Umfeld spielen auch eine wichtige Rolle dabei, ungesunden Diätmaßnahmen vorzubeugen8.

Einfach nur eine Mahlzeit zuzubereiten und sie gemeinsam als Familie zu essen, hilft den Familienmitgliedern, die Verbindung zueinander zu bewahren. Um eine Zeit zu schaffen, wo man miteinander in Verbindung treten und ein Gefühl dafür bekommen kann, wie der Tag für die anderen war, braucht das Essen nicht aufwendig zu sein. Äußere Ablenkungen können reduziert werden, damit man sich darauf konzentrieren kann, Essen herumzureichen, zu reden und sich auszutauschen. Kinder lernen, das Essen der Familie mitzuessen, anstatt Einzelwünsche zu äußern wie im Restaurant. Die regelmäßige Mahlzeit mit der Familie verleiht den Kindern ein Gefühl von Sicherheit, weil sie wissen, was sie am Ende jedes Tages erwartet. Sie ist außerdem ein Moment, wo wir Gott im Gebet für das Essen und andere Segnungen danken können. Am allerwichtigsten ist vielleicht, dass regelmäßige Mahlzeiten als Familie auch ungezwungene Gespräche über das Evangelium fördern können.

Drittens: Wir müssen begreifen, dass das, was wir als Familie tun, zeitliche und geistige Auswirkungen hat. Gott hat uns ausschließlich geistige Gebote gegeben, keines davon ist zeitlich (siehe LuB 29:35). Zeitlich bedeutet: nur solange gültig, wie die Zeit existiert. Gottes Gebote jedoch sind ewig gültig. Wir können das auf unser Zuhause beziehen, indem wir uns klar machen, dass das, was wir auf der Erde tun, sich auf die Ewigkeit auswirkt. Unsere Taten formen den Menschen, der wir jetzt und im künftigen Leben werden. Wenn Ehepartner zum Beispiel „einander und ihre Kinder … lieben und … umsorgen“9, fördern sie die Entwicklung von Eigenschaften, durch die sie und ihre Kinder in der Ewigkeit Fortschritt machen können.

Wir lernen zu Hause Lektionen fürs Leben, die den Charakter festigen. Die Familienforscherin Enola Aird erinnert uns daran, dass wir zu Hause lernen, wie man arbeitet und sich selbst beherrscht, dass wir dort Manieren und Moralvorstellungen lernen und auch lernen, wie man selbständig wird – oder auch nicht10. „Wenn Eltern nichts tun, damit aus Kindern gesittete Menschen werden, können die Kinder durchaus klug, gebildet und erfolgreich sein, aber sie werden so selbstsüchtig, ichbezogen und gefühllos sein, dass sie im Grunde unzivilisiert sind – unfähig, mit einem Sinn für Gemeinschaft mit anderen zusammenzuleben“11.

Wenn uns klar wird, wie wichtig das alltägliche Leben ist, können wir erkennen, dass sogar ein ganz kleines Kind spüren kann, dass es wertvoll ist, indem es etwas so Profanes tut wie Wäsche zusammenlegen. Kleine Kinder können Sockenpaare zusammensuchen, farblich sortieren, Handtücher zusammenlegen und Anerkennung bekommen für das, was sie geschafft haben. Im Laufe der Jahre, wenn die Aufgaben komplexer werden, trauen sich die Kinder mehr und mehr zu, selbst Entscheidungen zu treffen und sinnvollen Tätigkeiten nachzugehen.

Erhellen wir unser Zuhause

Familiäre Pflichten bieten Gelegenheit zu üben, wie man Licht und Wahrheit empfängt, indem man gehorsam ist. Jesus Christus ist das Licht der Welt. Wenn wir ihm nachfolgen und seine Gebote halten, wandeln wir in seinem Licht. Je näher wir ihm kommen, desto mehr Licht und Wahrheit erlangen wir. Wir können unseren Kindern ein Vorbild an Gehorsam sein, indem wir uns um unsere Aufgaben kümmern. Eltern und Kinder können beispielsweise lernen, wie man in kleinen Dingen, die weniger schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, gehorsam und genau ist, indem sie lernen, Aufgaben regelmäßig zu erledigen. Dadurch sind sie besser darauf vorbereitet, Gebote zu halten und heilige Bündnisse einzugehen.

Eine der wichtigen grundlegenden Anweisungen, die erteilt wurden, als die Kirche gegründet wurde, war der Rat, „allen Pflichten in der Familie nach[zu]kommen“ (siehe LuB 20:47,51). Drei Jahre später wurden einige der führenden Brüder der Kirche zurechtgewiesen, weil sie ihre familiären Pflichten vernachlässigt hatten (siehe LuB 93:41-50). Heute werden wir in der Proklamation über die Familie erneut an unsere heiligen Aufgaben in der Familie erinnert.

Oftmals verbinden wir mit Pflichten in der Familie ausschließlich das Familiengebet, den Familienabend und das Lesen in den heiligen Schriften, aber wir sollten auch bedenken, dass wir durch Aufgaben wie Ernähren und Kleiden üben können, wie man liebt, dient, gehorsam ist und zusammenarbeitet. Diese einfachen, täglichen Aufgaben haben einen gewaltigen Einfluss auf unser Leben.

Können wir dem Herrn durch das Alltagsleben näher kommen – durch Mahlzeiten mit der Familie und sinnvolle Freizeitaktivitäten? Ganz bestimmt. Wie viel Licht wünschen wir uns? Der Herr hat verheißen: „Wer Licht empfängt und in Gott verbleibt, empfängt mehr Licht“ (LuB 50:24) und „[Ich gebe] den Getreuen Zeile um Zeile, Weisung um Weisung; und ich will euch hiermit prüfen und erproben“ (siehe LuB 98:12).

Erweisen Sie sich im Kleinen als treu, und das Größere wird hinzugefügt werden. Gelegenheiten, zu Hause zu lernen und zu üben, sind heilig; es sind Momente, in denen wir geistig wachsen und dem Erretter näherkommen können. Dieser Wachstumsprozess ist eine lebenslange Aufgabe, und unser häusliches Umfeld bietet uns immer wieder gute Möglichkeiten zu üben, als Einzelner und als Familie wie Gott zu werden.

Aus einer Ansprache, die am 5. April 2005 bei einer Andacht an der Brigham-Young-Universität gehalten wurde.

Anmerkungen

  1. Aus: Sophy Valentine, Biography of Ann Howell Burt, 1916, Seite 24f.

  2. Home Comforts: The Art and Science of Keeping House, 1999, Seite 7f.

  3. „Families Can Be Eternal“, Ensign, November 1980, Seite 4; vgl. auch „Die Familie kann in Ewigkeit bestehen“, Der Stern, April 1981, Seite 5-8

  4. Bible Dictionary, „Temple“, Seite 781

  5. The World Book Dictionary,1984, „sacred“, Seite 1830

  6. Siehe Tami M. Videon und Carolyn K. Manning, „Influences on Adolescent Eating Patterns: The Importance of Family Meals“, Journal of Adolescent Health, Mai 2003, Seite 365-373

  7. Siehe Marla E. Eisenberg, Rachel E. Olson, Dianne Neumark-Sztainer, Mary Story und Linda H. Bearinger, „Correlations between Family Meals and Psychosocial Well-Being among Adolescents“, Archives of Pediatrics and Adolescent Medicine, August 2004, Seite 792-796

  8. Siehe Dianne Neumark-Sztainer, Melanie Wall, Mary Story und Jayne A. Fulkerson, „Are Family Meal Patterns Associated with Disordered Eating Behaviors among Adolescents?“, Journal of Adolescent Health, November 2004, Seite 350-359

  9. „Die Familie – eine Proklamation an die Welt“, Liahona, Oktober 2004, Seite 49

  10. Siehe „On Rekindling a Spirit of ‚Home Training‘: A Mother’s Notes from the Front“, aus Taking Parenting Public: The Case for a New Social Movement, Hg. Sylvia A. Hewlett, Nancy Rankin und Cornel West, 2002, Seite 13-28

  11. „On Rekindling“, Seite19