2020
Ein Geschenk aus Liebe
Juni 2020


Heim und Familie

Ein Geschenk aus Liebe

Die Verfasserin lebt in Utah.

Als mein Mann unsere kleine Tochter segnete, gewann ich einen Eindruck davon, wie einflussreich und umfassend das Geschenk war, das der Vater im Himmel uns aus seiner großen Liebe heraus gegeben hat – nämlich das Priestertum.

Bild
man holding baby in blessing dress

Illustration von ALE + ALE, Morgan Gaynin

Ich war noch neu in der Kirche, frisch vermählt und kurz zuvor Mutter geworden. Es war Fastsonntag, und unsere kleine Tochter sollte einen Namen und einen Segen erhalten. Da es in unserer Gemeinde nur wenige junge Familien gab, hatte ich noch nie eine Kindessegnung erlebt. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete. Dennoch ließ der Heilige Geist mich spüren, dass es hier um etwas ganz Besonderes und Bedeutsames ging.

Mein Mann nahm zusammen mit anderen andächtigen Priestertumsträgern unser kostbares Töchterchen vorsichtig auf den Arm. Der Geist erfüllte mich mit unsagbar tiefer Freude. Tränen liefen mir über die Wangen, und unzählige Eindrücke überkamen mich. Mir war bewusst, dass ich erst zu erahnen begann, wie umfassend und groß das herrliche Geschenk des Priestertums ist, das der Vater im Himmel uns aus seiner großen Liebe heraus gegeben hat.

Als die Missionare mit mir vor meiner Taufe die Lektionen durchgegangen waren, hatte ich gespürt, dass sie es als Ehre empfanden, das Priestertum zu tragen. Das hatte ich ihren Worten und ihren Gebeten entnommen. Einmal gaben sie mir einen Segen, damit ich das Wort der Weisheit voll und ganz würde befolgen können, auch in dem einen Punkt, mit dem ich Schwierigkeiten hatte. Ich spürte, wie ihre Hände sanft auf meinem Kopf ruhten und leicht zu zittern begannen, als sie Worte aussprachen, von denen ich wusste, dass sie vom Herrn stammten – Worte der Liebe und Heilung.

Bald darauf ließ ich mich taufen, und ein weiteres Mal legten mir Priestertumsträger die Hände auf. Diesmal wurde ich als Mitglied der Kirche des Herrn bestätigt und bekam die Gabe des Heiligen Geistes übertragen. Ich war gereinigt und neu geboren worden. Ich spürte, wie die Macht des Priestertums meinen ganzen Körper durchdrang. Zum ersten Mal in meinem Leben erkannte ich, worin wirkliche Freude besteht.

Kurz nach meiner Taufe heiratete ich. Die Eltern meines Mannes gehörten der Kirche an, und bei ihm zuhause stand das Evangelium im Mittelpunkt. Allerdings wusste ich, dass sein Zeugnis nicht sehr fest verwurzelt war. Das beunruhigte mich aber nicht weiter. In meinem noch jungen Glauben strotzte ich vor Optimismus. Ich nahm mir vor, ihn einfach zu lieben, geduldig zu sein und viel zu beten.

Im Verlauf der Monate, in denen ich unsere noch ungeborene Tochter unter dem Herzen trug, fühlte ich mich wie jede Mutter meiner Kleinen ganz nah. Das Wunder dieses in mir heranwachsenden neuen Lebens vereinnahmte mich völlig. Als unsere Tochter dann geboren wurde, war meine Verbindung zu ihr zu einem starken Band der Liebe herangereift.

Aber ich sorgte mich um meinen Mann. Er hatte nicht wie ich das Glück gehabt, diese intensive Nähe zu unserer Tochter erleben zu können. Natürlich hatte er sie lieb. Aber ich fragte mich – und genau das beunruhigte mich –, ob sich zwischen ihm und ihr eine starke Bindung würde entwickeln können. Ich machte mir Gedanken, während ich die Zeit damit verbrachte, unsere Tochter zu stillen, zu baden und im Arm zu halten. Mein Mann hingegen war hauptsächlich damit beschäftigt, für den Lebensunterhalt unserer Familie aufzukommen.

Jetzt, ein paar Wochen nach der Geburt unserer Tochter, waren wir also im Gemeindehaus. Und da erlebte ich, wie sich vor meinen Augen und in meinem Herzen ein Wunder ereignete. Mein etwas unsicher wirkender Ehemann lächelte seinen Brüdern im Kreis freundlich zu, seine Augen leuchteten und schimmerten feucht. Die Brüder legten liebevoll und unterstützend jeweils eine Hand auf die Schulter des Nebenmanns und halfen mit der anderen, unser Baby zu halten. Dabei bildeten sie einen kleinen Kreis, der in reine, heilige Liebe getaucht zu sein schien. Als mein Mann zum Segen anhob, hörte ich, wie seine Stimme bebte. Ich merkte, dass er die Macht des Herrn und die Ehre spürte, das Priestertum des Herrn zu tragen.

Ich spürte, wie sich in ihm große Zuneigung für unser kleines Mädchen entwickelte, da er sich doch so intensiv darauf vorzubereitet hatte, unserer Tochter den Segen zu geben, den der Vater im Himmel für sie bestimmt hatte. Meine Freude war vollkommen, als ich erkannte, dass er sich nun eng mit unserer Tochter verbunden fühlte. Das Band zwischen ihnen ist niemals schwächer geworden.

Dieses Erlebnis ist nun schon viele Jahre her. Seitdem habe ich die wunderbare Macht des Priestertums unzählige Male miterlebt und auf mich einwirken lassen – eine Macht, die auf vielfältigste Weise, an vielen Orten und für zahlreiche Kinder des Vaters im Himmel ausgeübt wird. Ich habe mit angesehen, wie herrliche, erlösende heilige Handlungen an anderen oder für sie vorgenommen wurden und welch große Freude dies hervorrief. Ich habe miterlebt, wie sich Reinigung, Heilung, Trost und Erkenntnis eingestellt haben. Ich habe gesehen und gespürt, wie Lasten leicht gemacht wurden.

Mir ist bewusst, dass ich die Macht des Priestertums noch immer nicht gänzlich erfasse. Doch jede Kindessegnung, bei der ich dabei war, erfüllt mich mit derselben Ehrfurcht, die ich damals bei dem Segen empfand, der meinem ersten Kind gespendet wurde. Ich bin tief beeindruckt von der Liebe, die der Vater im Himmel dadurch zeigt, dass er uns an seiner Macht teilhaben lässt. Auch lässt sich meine Dankbarkeit nicht in Worte fassen, die ich für mein Zeugnis empfinde, das ich vom Vater, von seinem geliebten Sohn und vom wunderbaren, wiederhergestellten Evangelium habe.