2022
Adoption und Familienforschung – immerwährende Bande und ewige Beziehungen
März 2022


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Adoption und Familienforschung – immerwährende Bande und ewige Beziehungen

Wie können wir wissen, ob wir für die Ahnenlinie unserer leiblichen Eltern oder die unserer Adoptiveltern Familienforschung betreiben sollen?

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Es ist ein Segen, an heiligen Handlungen des Tempels teilnehmen zu können, die uns als Familie für Zeit und alle Ewigkeit aneinandersiegeln. Präsident Russell M. Nelson hat deutlich gemacht: „Die Erhöhung ist eine Familienangelegenheit. Nur durch die errettenden heiligen Handlungen des Evangeliums Jesu Christi kann man mit der Familie erhöht werden. Das höchste Ziel, das wir anstreben, besteht darin, dass wir als Familie glücklich werden – dass wir das Endowment empfangen haben, aneinander gesiegelt sind und auf das ewige Leben in der Gegenwart Gottes vorbereitet sind.“1 Diese Gelegenheit haben sowohl diejenigen, die im Bund geboren wurden, als auch diejenigen, die durch die heiligen Handlungen des Tempels adoptiert und an ihre Familie gesiegelt worden sind.

„Durch Adoption können liebevolle, ewige Familien geschaffen werden. Ob ein Kind nun durch Adoption oder Geburt zur Familie kommt – es ist in jedem Fall gleichermaßen ein kostbarer Segen. Kinder, die im Tempel an ihre Adoptiveltern gesiegelt sind, können jede Segnung empfangen, die Teil dessen ist, dass man zu einer ewigen Familie gehört.“2

Wenn sich jemand, der adoptiert worden ist, an die Familienforschung macht, gibt es grundsätzlich zwei Ahnenreihen, die er verfolgen, bei denen er Forschungen anstellen und die er für die Tempelarbeit in Betracht ziehen kann.

Ob man die Linie erforschen soll, an die man gesiegelt worden ist (also die Adoptivfamilie), oder die leiblichen Vorfahren – oder auch beide Ahnenlinien –, sollte im Familienrat besprochen und durch Offenbarung bestätigt werden. Es gibt dabei nicht nur eine einzige richtige Antwort; und jeder, der vor dieser Frage steht, sollte sich gebeterfüllt damit befassen.

Elder Richard G. Scott (1928–2015) vom Kollegium der Zwölf Apostel hat erläutert: „Immer wenn Sie im Tempel arbeiten, nutzen Sie Ihre Zeit gut. Wenn Sie jedoch stellvertretend für einen Ihrer Vorfahren heilige Handlungen empfangen, wird die Zeit im Tempel besonders heilig, und Sie empfangen noch größere Segnungen. Die Erste Präsidentschaft hat erklärt: ‚Wir haben in erster Linie die Pflicht, nach unseren eigenen Vorfahren zu forschen und ihre Identität zu bestimmen.‘ (Schreiben der Ersten Präsidentschaft vom 29. Februar 2012.)“3

Jemand, der adoptiert worden ist, geht diese Frage in vielen Fällen mit gemischten Gefühlen an. Maria (Name geändert) hat gesagt: „Familienforschung irritiert mich irgendwie. Meine ‚Vorfahren‘, so höre ich, sind diejenigen, an die ich gesiegelt bin, und eigentlich bin ich auch stolz auf dieses Erbe, aber irgendwie finde ich das auch ein bisschen anmaßend, weil sie ja doch nicht meine Blutsverwandten sind. Meine leiblichen Verwandten haben viel Familienforschung betrieben und mir einige Tagebücher und Bilder gezeigt. Dadurch habe ich entdeckt, woher einige meiner körperlichen Merkmale stammen, und das kam mir fast schon unwirklich vor und war zugleich auch aufregend. Und als ich die Tagebücher meiner leiblichen Vorfahren gelesen habe, entstand irgendwie eine Art von Verbundenheit. Und doch habe ich fast das Gefühl, dieses Gefühl der Verbundenheit sei nur etwas Geliehenes, da ja keine entsprechenden Tempelbündnisse bestehen.“

Susanne (Name geändert) war – wie viele Adoptivkinder – äußerst neugierig auf ihre leiblichen Eltern. Schon als Säugling war sie an ihre Adoptivfamilie gesiegelt worden, und sie spürte auch machtvoll die Bestätigung, dass dies in der Tat ihre Familie war, mit der sie für immer zusammen sein sollte. Sie fühlte sich auch gesegnet, weil sie für diese Ahnenlinie die Familienforschung und die Tempelarbeit verrichten konnte. Doch das nahm ihr weder die Neugier noch den Wunsch, auch ihren leiblichen Vorfahren die errettenden heiligen Handlungen zu ermöglichen. Sie machte sich jedoch Sorgen, dass dieser Wunsch vielleicht Treulosigkeit gegenüber ihrer Adoptivfamilie bedeuten könnte. Doch nach einem von Liebe getragenen Gespräch mit ihren Eltern war ihr klar, dass die Liebe und die Treue nicht nachlassen würden, bloß weil sie auch für ihre leiblichen Vorfahren die heiligen Handlungen vollziehen lassen wollte.

Rat einholen und Offenbarung empfangen

Jede Familienkonstellation ist anders, und was bei einem funktioniert, ist einem anderen vielleicht unangenehm. Wenn sich deine Adoptiveltern nicht wohl dabei fühlen, dass du deine leibliche Ahnenlinie erforschst, ist es vielleicht am besten, diese Arbeit zunächst mal ruhen zu lassen und dich auf andere Vorfahren zu konzentrieren. Die Zeit für deine Blutsverwandten kann auch später noch kommen, denn jeder Mensch, der auf der Erde geboren wurde, wird irgendwann die Gelegenheit haben, die heiligen Handlungen des Tempels zu empfangen. Aber sei dir dessen bewusst, dass in Bezug auf familiäre Beziehungen im nächsten Leben, die aus unserem begrenzten irdischen Blickwinkel noch sehr verwirrend erscheinen, eines Tages Klarheit herrschen wird.

Präsident Dallin H. Oaks, Erster Ratgeber in der Ersten Präsidentschaft, hat diese Geschichte erzählt, die er von einem Freund gehört hatte:

„Nach dem Tod seiner geliebten Frau und der Mutter seiner Kinder heiratete ein Vater erneut. Einige der erwachsenen Kinder waren strikt gegen die neue Ehe und baten einen nahen Verwandten, der ein angesehener Führer der Kirche war, um Rat. Er hörte sich ihre Einwände an, in denen es um die Zustände und die Beziehungen in der Geisterwelt oder den Reichen der Herrlichkeit nach dem Jüngsten Gericht ging. Dann sagte er: ‚Ihr macht euch über die falschen Probleme Gedanken. Ihr solltet euch lieber darum sorgen, ob ihr dorthin gelangt. Konzentriert euch darauf! Wenn ihr das schafft, wird alles noch viel herrlicher sein, als ihr es euch vorstellen könnt.‘

Welch tröstliche Lehre! Vertrauen Sie auf den Herrn!“4

Optionen bei FamilySearch

Derweil kannst du bei FamilySearch aus verschiedenen Optionen auswählen. Es ist ganz einfach, in der Ahnentafel sowohl die Ahnenlinie, an die man gesiegelt ist, als auch die Blutsverwandtschaft anzugeben, wenn du das möchtest. Im Familienstammbaum auf FamilySearch.org gibt es dafür die Option „Vater oder Mutter hinzufügen“. Dadurch tut sich eine weitere Linie mit einem neuen Elternpaar auf, an der du forschen und die du so weit zurückverfolgen kannst, wie du magst. Du kannst selbst einstellen, welches Elternpaar standardmäßig angezeigt werden soll, und du kannst leicht hin- und herwechseln. Wenn du magst, kannst du außerdem unter „Personenstandliches“ angeben, ob es sich dabei um deine leiblichen oder deine Adoptiveltern handelt.

Gemäß den Richtlinien der Kirche darfst du nur Namen von Angehörigen beim Tempel einreichen, mit denen du verwandt bist. Diese Funktion erlaubt es dir also, sowohl die Ahnenlinie deiner leiblichen Vorfahren als auch die Linie deiner Adoptiv- oder Pflegeeltern einzureichen.

Die Adoption in das Haus Israel

Das Prinzip der Adoption und dessen Umsetzung findet bei fast jedem, der je geboren wurde, Anwendung. Mark A. Peterson, ehemaliger Professor an der Brigham-Young-Universität, hat dazu gesagt:

„Die Adoption ist nicht auf jene Sonderfälle begrenzt, bei denen wir von ‚adoptiert‘ sprechen. Sie erstreckt sich auf uns alle. Der Apostel Paulus … meinte mit Adoption den Vorgang, durch den wir „Mitbürger“ des Bundes und Teil der Familie Abrahams werden. … Paulus verstand unter Adoption, dass diejenigen, die an Jesus glauben, Teil einer ganz besonderen Familie werden. Dies gilt für uns alle, die wir heute durch die Taufe Mitglied der Kirche werden. Wir werden Brüder und Schwestern.

Am deutlichsten geht das wohl aus dem Galaterbrief hervor:

‚Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.

Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.

Wenn ihr aber Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben gemäß der Verheißung.‘ [Galater 3:27-29.] …

Dass wir Teil des Hauses Israel werden, kommt ganz konkret in unserem Patriarchalischen Segen zum Ausdruck. Darin wird uns gesagt, welcher Abstammungslinie wir angehören. Auch das ist in vielen Fällen eine Ausprägung des Vorgangs, dass jemand durch Adoption Teil einer Familie wird. Manchmal gibt es in einer Familie einige, die von Efraim abstammen, während ein anderes Familienmitglied vielleicht von Juda, Dan oder Manasse abstammt. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Abstammungslinien ergibt sich oft aus jenem Vorgang der Adoption, über den Paulus gesprochen hat. Wenn wir uns für Gehorsam und Umkehr entscheiden und an den Segnungen des Bundes teilhaben, werden wir als Hausgenossen in den Haushalt des Glaubens – in die Kirche – aufgenommen. Wir sind dann nicht mehr Fremde und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger und unter den Heiligen Brüder und Schwestern.“5

Der große Plan des Glücklichseins

Der große Plan des himmlischen Vaters ist ein Plan des Glücklichseins. Er weiß, dass die Siegelung in einem ewigen Familienverband uns Freude bringen kann, und zwar durch enge Verbundenheit und liebevolle Familienbeziehungen. Wenn du dich daher im Laufe deines Lebens immer wieder an Tempelarbeit und Familienforschung beteiligst, kannst du durch das Gebet herausfinden, in welche Richtung dein eigener Weg in Bezug auf deine leibliche Familie und deine Adoptivfamilie verlaufen soll.