2022
Vertrauen wir auf Gott und lassen ihn siegen
August 2022


„Vertrauen wir auf Gott und lassen ihn siegen“, Liahona, August 2022

Vertrauen wir auf Gott und lassen ihn siegen

Die Quintessenz aus dem Buch Ijob besteht darin, dass jeder von uns – unabhängig davon, was kommen mag – sich dafür entscheiden kann, sein Leben lang auf Gott und dessen Plan zu vertrauen

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Der Erlöser in Getsemani

Jedwedes Leid „kann durch das Sühnopfer Jesu Christi wiedergutgemacht werden“.

Christus in Getsemani, Gemälde von Heinrich Hofmann

Warum widerfährt guten Menschen Schlimmes? Ich vermute, dass sich auch Adam und Eva das schon gefragt haben. Und Ijob stellte diese Frage mit Sicherheit. Wissenschaftler, Philosophen und Theologen haben versucht, Antwort auf diese Frage zu geben.

Im Buch Ijob wird die Frage ebenfalls aufgeworfen, doch das Warum bleibt darin unbeantwortet. Ijob lernt, dass man Schwierigkeiten am besten mit Gottvertrauen angeht, statt sich auf die eigene Klugheit zu stützen. Solcherlei Lehren regen uns an, Gott siegen zu lassen, sodass wir selbst dann optimistisch und zuversichtlich bleiben können, wenn Schwierigkeiten auftreten.

Sünde und Leid

Wir verstehen das Buch Ijob besser, wenn wir diesen Sinnspruch näher betrachten: „Sünde zieht immer Leid nach sich, doch nicht alles Leid ist eine Folge von Sünde.“ Da die Folgen für einen Übeltäter, der sündigt, nicht immer unmittelbar zum Tragen kommen (siehe Maleachi 3:13-18), lassen wir uns vielleicht täuschen und meinen fälschlicherweise, vorsätzlich sündigen zu können, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen. Doch die Konsequenzen sind unvermeidlich.

Zwar schenkt uns die Umkehr Freude und macht auch dem Erretter und unserem Vater im Himmel Freude; doch unsere Sünden haben dennoch dazu geführt, dass der Erretter schuldlos leiden musste. Er hat den Preis dafür gezahlt, dass uns das unausweichliche Leid nicht als Strafe auferlegt wird – vorausgesetzt, wir kehren um. Wir können uns jedoch sicher sein: Jede Sünde zieht unweigerlich Leid nach sich.

Ijob und seine Freunde glaubten, alles Leid sei allein auf Sünde zurückzuführen. Doch auch diese Ansicht ist grundsätzlich falsch. Ijob war ein guter Mensch. Dennoch verlor er alles und musste schrecklich leiden. Als seine Freunde ihm „Trost“ spendeten, unterstellten sie ihm, er müsse wohl schwer gesündigt haben, weil er nun all das Leid zu erdulden habe.

Auch Ijob glaubte, der alleinige Auslöser für Leid sei Sünde. Daher wollte er seinen Freunden und Gott beweisen, seine „Bestrafung“ stehe in keinerlei Verhältnis zu den Sünden, die er begangen hatte. Ein solcher Nachweis, so schlussfolgerte er, werde dazu führen, dass sein Leid endlich aufhöre.

Schließlich sprach Gott aus einem „Wettersturm“ zu Ijob. Dabei verteidigte sich Gott weder, noch erklärte er, weshalb Ijob leiden musste. Er ging auch nicht darauf ein, dass Ijob seine Unschuld beteuerte. Vielmehr kritisierte Gott die langatmigen Debatten zwischen Ijob und seinen Freunden mit den Worten: „Wer ist es, der den Ratschluss verdunkelt mit Gerede ohne Einsicht?“ (Ijob 38:2.) Zur Verdeutlichung ihrer Unwissenheit stellte Gott mindestens 66 Fragen und forderte von Ijob, sie zu beantworten. Ijob war dazu nicht in der Lage. (Siehe Ijob 38 bis 42.)

Es war, als hätte Gott geduldig und freundlich zu Ijob gesagt: „Du kannst nicht eine einzige meiner Fragen zu der Erde beantworten, die ich erschaffen habe. Ist es dann nicht vielleicht möglich, dass es ewige Gesetze gibt, die du nicht begreifst? Kann es sein, dass manchen deiner Annahmen falsche Voraussetzungen zugrunde liegen? Kannst du meine Beweggründe nachvollziehen und verstehst du, wie mein Plan der Errettung und Erhöhung funktioniert? Zu guter Letzt: Kannst du vorhersehen, was dir bestimmt ist?“

Gott in seiner Weisheit ist klar, dass ein bedeutsamer Teil unseres Erdenlebens darauf zurückzuführen ist, dass wir eben nicht alles wissen. Fortschritt machen – und damit wie er werden – können wir nur, wenn wir auf ihn vertrauen.

Anfangs verstand Ijob das alles nicht. Er ist aber nicht der Einzige, dem es so ergeht. Gott ruft uns ins Bewusstsein:

„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des Herrn.

So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.“ (Jesaja 55:8,9.)

Schließlich begriff Ijob, was Gott meinte. Demutsvoll räumte er ein, nicht verstanden zu haben, worum es ging, und kehrte davon um, dass er sein Leid dem Umstand zugeschrieben hatte, gesündigt zu haben (siehe Ijob 42:3,6). Ijob hatte erkannt, dass nicht alles Leid auf göttliche Bestrafung zurückzuführen ist. Da Ijobs Leid nicht dadurch verursacht worden war, dass er gesündigt hatte, bestand seine Aufgabe darin, auf Gott zu vertrauen. Was auch immer ihm widerfuhr – Ijob musste sich vor Augen halten, dass Gott „seine Kinder liebt“, obwohl Ijob nicht wusste, worin „die Bedeutung von allem“ liegt (1 Nephi 11:17).

Bleiben wir treu

Wie Ijob müssen auch wir auf den Vater im Himmel und Jesus Christus vertrauen und unter allen Umständen treu bleiben. Je mehr sie Teil unseres Lebens sind, desto mehr vertrauen wir auf sie. Je mehr wir ihnen vertrauen, desto mehr konzentrieren wir uns auf den Plan der Errettung und Erhöhung unseres Vaters im Himmel. Je mehr unser Blick auf die Ewigkeit gerichtet ist, desto leichter ist es, Gott siegen zu lassen, und desto weniger kommt es uns auf unsere Lebensumstände an.1 Präsident Russell M. Nelson hat es einmal so ausgedrückt: „Prüfungen, die sich nicht ändern lassen, lassen sich ertragen, wenn man sie aus der Sicht des Himmels betrachtet.“2

Mit Erkenntnissen wie diesen im Sinn ermutigt uns König Benjamin: „Glaubt an Gott; glaubt daran, dass er ist und dass er alles erschaffen hat, sowohl im Himmel wie auf Erden; glaubt daran, dass er alle Weisheit und alle Macht hat, sowohl im Himmel wie auf Erden; glaubt daran, dass der Mensch nicht alles erfasst, was der Herr erfassen kann.“ (Mosia 4:9.)

Präsident Brigham Young (1801–1877) hatte eine wunderbare Erklärung dafür parat, dass unser Blickwinkel nicht von unseren Lebensumständen abhängen darf: „Wer ins Gefängnis geworfen und mit Ketten gebunden wird, aber dennoch von der Geborgenheit und Herrlichkeit der Ewigkeit erfüllt ist, für den wird dieses Gefängnis zum Palast. Für den hingegen, der in dieser Welt Macht und Herrschaft innehat, auf einem Thron sitzt und über Millionen und Abermillionen regiert, doch ohne den Frieden, der vom Herrn der Heerscharen ausgeht, und ohne die Zufriedenheit und Freude, die vom Himmel kommen, ist sein Palast ein Gefängnis, sein Leben – erfüllt von Furcht, Schrecken und Sorge – ist ihm eine Last. Ist ein Mensch aber vom Frieden und von der Macht Gottes erfüllt, ist alles wohl mit ihm.“3

Weil Ijob auf Gott vertraute, war ihm klar: „Prüfte [Gott] mich, ich ginge wie Gold hervor.“ (Ijob 23:10.) Das, was Ijob widerfuhr, diente seiner Läuterung. Auch Lehi wusste, dass nicht alles Leid von Sünde herrührt und dass man auf Gott vertrauen kann:

„Und nun, Jakob, … in deiner Kindheit hast du Bedrängnisse und viel Kummer ertragen. …

Und doch … kennst du die Größe Gottes; und er wird dir deine Bedrängnisse zum Gewinn weihen.“ (2 Nephi 2:1,2.)

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Geschmolzenes Metall wird in einen Behälter gegossen

„Prüfte [Gott] mich“, so Ijobs Erkenntnis, „ich ginge wie Gold hervor.“

Fürchten wir uns nicht

Gott kann uns in unseren Schwierigkeiten beistehen – selbst wenn wir leiden. Er lässt uns wissen: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich habe dich stark gemacht, ja, ich habe dir geholfen und dich gehalten mit meiner siegreichen Rechten.“ (Jesaja 41:10.) Er lässt uns auch dann nicht im Stich, wenn wir vor überwältigenden Herausforderungen stehen. Er versichert uns:

„Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen.

Denn ich, der Herr, bin dein Gott.“ (Jesaja 43:2,3.)

Wenn wir diese Segnungen erkennen, wächst unser Gottvertrauen. Wir stellen dann fest, dass alles Leid „durch das Sühnopfer Jesu Christi wiedergutgemacht werden [kann]“4. Je mehr wir andererseits „in Unglauben verfallen und vom rechten Weg abweichen und den Gott nicht erkennen, auf den [wir] vertrauen sollten“ (Mormon 9:20), desto mehr Gewicht haben unsere Lebensumstände. Wenn wir aufhören, auf Gott zu vertrauen, wird uns bange und wir erliegen der Verdrossenheit und Verzweiflung.

Jesus Christus hat die Welt überwunden. Dank ihm können wir in dieser Welt Frieden finden und guten Mutes sein (siehe Johannes 16:33). Ijobs Zeugnis vom Erretter inspiriert uns noch heute – Tausende von Jahren, nachdem es ausgesprochen wurde. Er rief aus:

„Doch ich, ich weiß: Mein Erlöser lebt, als Letzter erhebt er sich über dem Staub.

Ohne meine Haut, die so zerfetzte, und ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen.“ (Ijob 19:25,26.)

Jesus Christus möchte das wiederherstellen, was wir nicht selbst wiederherstellen können, die Wunden heilen, die wir selbst nicht heilen können, das in Ordnung bringen, was irreparabel zerbrochen ist,5 und jede Ungerechtigkeit ausgleichen, unter der wir leiden. Doch das ist nicht alles. Wenn wir es zulassen, weiht er unser Leid zu unserem Besten und heiligt uns das Herz, auch wenn sich alle Hölle gegen uns verschworen hat.6 Er spendet uns nicht nur Trost und stellt wieder her, was verlorengegangen ist (siehe Ijob 42:10,12,13), sondern er sorgt dafür, dass uns unsere Prüfungen Gewinn bringen.

Der Erretter wünscht sich nichts sehnlicher, als alles in Ordnung zu bringen – und er hat die Macht dazu. Er möchte alle für immer heilen, die gebrochenen Herzens sind (siehe Psalm 147:3). Die Quintessenz aus dem Buch Ijob besteht darin, dass jeder von uns – unabhängig davon, was kommen mag – sich dafür entscheiden kann, sein Leben lang auf Gott und dessen Plan zu vertrauen.