2005
Das wahre Weihnachten
Dezember 2005


Klassiker des Evangeliums

Das wahre Weihnachten

Das wahre Weihnachten erlebt der, der Christus als treibende, dynamische und belebende Macht in seinem Leben angenommen hat.

Weihnachten ist eine geschäftige Zeit. Straßen und Geschäfte sind voller Leute, die in letzter Minute mit Vorbereitungen beschäftigt sind. Der Verkehr auf den Autobahnen nimmt zu, die Flughäfen sind überfüllt – die ganze Christenheit scheint mit Musik, Lichtern und festlicher Dekoration zum Leben zu erwachen.

Ein Schriftsteller hat geschrieben:

„Kein anderer Feiertag geht den Menschen so zu Herzen und weckt so viele große Gefühle. Die damit verbundenen Gedanken, Erinnerungen, Hoffnungen und Bräuche sind in alten, nationalen Traditionen verankert. Für Kinder sind sie anders als für ältere Menschen. Sie erfassen die religiöse, soziale und patriotische Seite unseres Wesens. Stechpalmen- und Mistelzweige, die mit immergrünen Zweigen gebunden sind, die Gewohnheit, unseren Lieben etwas zu schenken, der Weihnachtsbaum, der Aberglaube an den Weihnachtsmann, alles zusammen macht Weihnachten zu dem ersehntesten, vielseitigsten und in jeder Hinsicht wichtigsten Feiertag, den die Menschheit kennt.“ [Clarence Baird, „The Spirit of Christmas“, Improvement Era, Dezember 1919, Seite 154.]

Der Ursprung des Weihnachtsfests

In der Weihnachtszeit gibt es zahlreiche Traditionen, und ihre Wurzeln reichen weit zurück. Der Feiertag wurde schon begangen, als noch heidnische Götter verehrt wurden – lange bevor das Christentum eingeführt wurde. Der Gott Mithra wurde von den alten Ariern verehrt, was sich allmählich bis nach Indien und Persien verbreitete. Zuerst war Mithra der Gott des himmlischen Lichts und des strahlenden Himmels. Später wurde er im Römischen Reich als Sonnengott verehrt – Sol Invictus Mithra.

Im ersten Jahrhundert vor Christi Geburt eroberte Pompeius Gebiete entlang der Südküste Kilikiens in Kleinasien. Viele Gefangene, die bei diesen Kriegszügen gemacht wurden, brachte man nach Rom. Auf diese Weise wurde die heidnische Verehrung Mithras in Rom eingeführt, denn die Gefangenen verbreiteten ihre Religion unter den römischen Soldaten. Die Verehrung wurde vor allem in den Reihen der römischen Armee populär. Heute findet man in den Ruinen der Städte des weit verzweigten Römischen Reiches Mithra-Schreine. Der Mithraismus blühte in der römischen Welt auf und wurde zum größten Kontrahenten des Christentums, was die religiöse Orientierung betraf.

Die Verehrer des Sonnengottes feierten unmittelbar nach der Wintersonnenwende, am kürzesten Tag des Jahres, ein Fest – wenn die Sonne stillsteht, nachdem sie wie jedes Jahr in die südliche Hemisphäre eingetaucht ist. Der Beginn ihres Aufstiegs von diesem tiefen Punkt wurde als Mithras Wiedergeburt angesehen, und die Römer feierten seinen Geburtstag alljährlich am 25. Dezember. An diesem Feiertag herrschte viel Fröhlichkeit – es gab Feste und Festmahle, Geschenke für Freunde, und die Wohnungen wurden mit immergrünen Zweigen geschmückt.

Nach und nach verdrängte das Christentum den Mithraismus, seinen stärksten Konkurrenten. Der Feiertag, an dem die Geburt Mithras gefeiert wurde, wurde nun von den Christen genutzt, um der Geburt Christi zu gedenken. Die heidnische Verehrung der Sonne, die fest in der römischen Kultur verwurzelt war, wurde durch eines der größten Feste der Christen ersetzt. Weihnachten ist nun für uns eine Zeit der Danksagung und des Jubels – ein Tag der Freude und des Wohlwollens gegenüber den Menschen. Obwohl das Fest einen irdischen Ursprung hat und von weltlicher Bedeutung ist, so ist es doch von göttlicher Natur. Die alte christliche Feier ist durch die Jahrhunderte hinweg ununterbrochen lebendig geblieben.

Die heutige Bedeutung des Weihnachtsfestes

Wie sieht man Weihnachten heute? Die Legende vom Weihnachtsmann, der Weihnachtsbaum, die Dekorationen mit Lametta und Mistelzweigen und die Weitergabe von Geschenken machen uns allen den Geist des Festes deutlich, das wir feiern. Aber der wirkliche Geist der Weihnacht geht viel tiefer als all das. Wir finden ihn im Leben des Erretters, in den Grundsätzen, die er lehrte, und in seinem Sühnopfer – all das wird zu unserem großen Erbe.

Vor vielen Jahren machte die Erste Präsidentschaft der Kirche diese bedeutende Aussage:

„Weihnachten ist für den Heiligen der Letzten Tage sowohl bedeutsam als auch prophetisch – eine Erinnerung an zwei große und heilige Ereignisse, die auch in Zukunft noch als die erhabensten und wunderbarsten Ereignisse in der Geschichte der Menschheit weltweit angesehen werden. Diese Ereignisse waren schon vor der Erschaffung dieses Planeten dazu [vorherordiniert], hier stattzufinden. Das eine war das Kommen des Erretters in der Mitte der Zeiten, um für die Sünden der Welt zu sterben. Das andere ist die erwartete Ankunft des auferstandenen und verherrlichten Erlösers, der auf der Erde als König der Könige regieren wird.“ [„What Christmas Suggests to a Latter-day Saint“, Millenial Star, 2. Januar 1908, Seite 1.]

Paulus brachte in seinem kurzen Brief an die Galater große Sorge über ihren offensichtlichen Unglauben und ihre Abkehr von seinen Lehren über Christus zum Ausdruck. Er schrieb ihnen: „Gut wäre es, wenn ihr euch zu jeder Zeit in guter Absicht um mich bemühen würdet und nicht nur dann, wenn ich bei euch bin, bei euch, meinen Kindern, für die ich von neuem Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt annimmt.“ (Galater 4:18,19.) Anders ausgedrückt: Paulus erklärt, er erleide Schmerzen und mache sich Sorgen, bis Christus in ihnen „Gestalt annimmt“. Das ist eine andere Formulierung für „in Christus“, die Paulus wiederholt in seinen Schriften benutzt.

Christus kann tatsächlich im Leben eines Menschen geboren werden, und wenn das geschieht, ist der Betreffende „in Christus“ – Christus „nimmt in ihm Gestalt an“. Das setzt voraus, dass wir Christus von ganzem Herzen annehmen und ihn zu einem lebendigen Einfluss in unserem Leben machen. Dass er lebt, ist nicht nur eine allgemeine Wahrheit oder eine historische Tatsache, sondern er ist der Erretter der Menschen überall und zu allen Zeiten. Wenn wir danach streben, ihm ähnlich zu werden, nimmt er „in uns Gestalt“ an. Wenn wir die Tür öffnen, wird er eintreten. Wenn wir seinen Rat suchen, wird er uns Rat geben. Damit Christus in uns „Gestalt annehmen“ kann, müssen wir an ihn und sein Sühnopfer glauben. Ein solcher Glaube und das Halten seiner Gebote sind keine Beschränkungen, die uns auferlegt werden. Durch sie werden Menschen frei gemacht. Dieser Friedensfürst wartet darauf, uns Seelenfrieden zu schenken, wodurch ein jeder von uns von diesem Frieden erfüllt werden kann.

Das wahre Weihnachten erlebt der, der Christus als treibende, dynamische und belebende Macht in seinem Leben angenommen hat. Der wahre Geist der Weihnacht ist im Leben und der Mission des Meisters zu finden. Ich fahre damit fort, wie der Schriftsteller den wahren Geist der Weihnacht erklärt:

„Der Geist der Weihnacht ist der Wunsch, für andere Opfer zu bringen, zu dienen und nach einem allgemeinen Gefühl der brüderlichen Verbundenheit. Er ist die Bereitschaft, zu vergessen, was Sie für andere getan haben, und sich nur daran zu erinnern, was andere für Sie getan haben; zu übersehen, was die Welt Ihnen schuldet, und nur … an Ihre kurzfristigen Pflichten zu denken, an Ihre Chance, Gutes zu tun und in erster Linie Ihren Mitmenschen zu helfen – zu erkennen, dass Ihre Mitmenschen ebenso gut sind wie Sie, und zu versuchen, hinter ihren Gesichtern in ihr Herz zu sehen – Ihr Buch mit Beschwerden an das Universum zu schließen und über sich selbst hinaus nach einer Stelle Ausschau zu halten, wo Sie ein paar Samen des Glücks säen und unbemerkt Ihres Weges gehen können“ [Improvement Era, Dezember 1919, Seite 155].

James Wallingford schrieb in seinen Betrachtungen über Weihnachten die folgenden Zeilen:

Weihnachten ist nicht ein Tag oder eine Jahreszeit, sondern die Einstellung von Herz und Verstand.

Wenn wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst,

wenn wir im Reichtum arm sind vor Gott und in unserer Armut reich an Güte,

wenn wir mit unserer Nächstenliebe nicht prahlen, sondern langmütig und gütig sind,

und wenn unser Bruder um einen Laib Brot bittet, wir stattdessen etwas von uns selbst geben,

wenn jeder Tag mit neuen Möglichkeiten beginnt und etwas erreicht ist, wenn er sich neigt, auch wenn es wenig war –

dann ist jeder Tag Christus geweiht und Weihnachten ist immer nah.

[Charles L. Wallis, Hg., Words of Life, 1966, Seite 33.]

Ein weiser Mann hat gesagt:

„Das Erstaunlichste an der Weihnachtsgeschichte ist ihre Bedeutung. Sie ist in jedem Alter zu Hause und passt in jede Lebensstimmung. Sie ist nicht nur ein reizendes Märchen, das einmal erzählt wird, sondern auf ewig aktuell. Sie ist die Stimme, die in jeder Wüste ruft. Sie ist in unserer Zeit genauso bedeutungsvoll wie in jener Nacht vor langer Zeit, als Hirten dem Licht des Sterns zur Krippe in Betlehem folgten.“ [Joseph R. Sizoo, Words of Life, Seite 33.]

Es heißt, Weihnachten sei für Kinder. Wenn aber die Kindheit mit ihrer Sorglosigkeit vorüber ist und eine verständige Reife an ihre Stelle tritt, wird die einfache Lehre des Erretters „Geben ist seliger als nehmen“ (Apostelgeschichte 20:35) Wirklichkeit. Die Entwicklung von einem heidnischen Feiertag zu einem christlichen Fest für die Geburt Christi im Leben des Menschen ist eine andere Form der Reife, die dem zuteil wird, den das Evangelium Jesu Christi berührt hat.

Den wahren Geist der Weihnacht entdecken

Wenn Sie den wahren Geist der Weihnacht entdecken und an seinem erquickenden Gefühl teilhaben wollen, habe ich einen Vorschlag für Sie: Nehmen Sie sich in der Hektik dieser Weihnachtszeit die Zeit, Ihr Herz Gott zuzuwenden. Knien Sie in einer stillen Stunde und an einem stillen Ort nieder und danken Sie – allein oder gemeinsam mit Ihren Lieben – für das Gute, was Ihnen zuteil geworden ist, und bitten Sie, dass sein Geist in Ihnen wohnen möge, wenn Sie ernsthaft danach streben, ihm zu dienen und seine Gebote zu halten. Er wird Sie an der Hand nehmen, und seine Verheißungen gehen in Erfüllung.

Ich weiß, dass Gott lebt. Ich gebe Zeugnis von der Göttlichkeit seines Sohnes, des Erretters der Welt, und ich bin dankbar für den Segen, auf der Erde einen Propheten des lebendigen Gottes zu haben.

Nach einer Ansprache anlässlich einer Andacht an der Brigham-Young-Universität am 5. Dezember 1972.