2006
Verlasst euch stets auf den Herrn!
September 2006


Grundsätze aus dem Alten Testament

Verlasst euch stets auf den Herrn!

Jesaja wurde eine schwierige Aufgabe übertragen. Er war der Prophet des Volkes Juda, als dieses abtrünnig war und größtenteils schlechten Herrschern folgte. Es war eine Zeit, in der die Armen unterdrückt wurden, der Götzendienst zunahm und die Sittengesetze übertreten wurden, während sich die Reiche Juda und Israel den vorrückenden Heeren feindlich gesinnter Nachbarn stellen mussten.

Jesaja legte dem Volk ans Herz, umzukehren, an den kommenden Messias zu glauben und stets auf den Herrn zu vertrauen, „denn der Herr ist ein ewiger Fels“ (Jesaja 26:4). Wenn das Volk seinen Worten Beachtung schenkte, erging es ihm wohl. Doch Jesaja musste bestürzt mit ansehen, wie das Haus Israel – das Bundesvolk – die Ermahnungen Gottes schließlich verwarf. Durch Inspiration dazu bewogen, prophezeite Jesaja vom Untergang und der Zerstreuung Israels und sah zu seinen Lebzeiten, wie die zehn Stämme Israels in Gefangenschaft gerieten und wie sich das Ende von Judas Macht und Wohlstand näherte.

Doch im Rahmen seiner erhabenen Berufung als Prophet sah Jesaja auch uns, das Bundesvolk in den Letzten Tagen. Die Erkenntnis, dass in den Letzten Tagen nicht nur das Reich Gottes erneut auf Erden aufgerichtet werden sollte, sondern auch Heilige nach den Segnungen, die dem Haus Israel verheißen sind, trachten und sich ihrer würdig erweisen würden, gab ihm Trost. „Jetzt aber höre, … Israel, den ich erwählte. … Ich gieße meinen Geist über deine Nachkommen aus und meinen Segen über deine Kinder.“ (Jesaja 44:1,3.)

Die Worte Jesajas wurden speziell für uns bewahrt. In allen heiligen Schriften wird auf sie Bezug genommen. Im Buch Mormon hält uns der Prophet Jakob vor Augen: „Es gibt vieles, was Jesaja gesprochen hat, das auf euch angewandt werden kann, weil ihr vom Haus Israel seid.“ (2 Nephi 6:5.) Inwiefern betreffen die Lehren Jesajas uns? Wie kann jeder von uns seine Worte auf sich beziehen?

Wir müssen den Herrn suchen

Wie Jesaja und die Menschen seiner Zeit befinden auch wir uns in politischer wie moralischer Hinsicht auf einem Schlachtfeld. Wenn Jesaja seinen Zuhörern ans Herz legte, auf den Herrn zu vertrauen, sprach er auch zu uns. Wie können wir nach der Führung und Kraft des Herrn sowie nach seinem Schutz trachten und dann seine Hand in unserem Leben erkennen und anerkennen?

Große Segnungen werden uns zugänglich, wenn wir Bündnisse schließen und halten. So erhalten wir die Gabe des Heiligen Geistes, wenn wir uns taufen und konfirmieren lassen. Wenn wir unsere Bündnisse halten und sie jede Woche beim Abendmahl erneuern, gilt uns die Verheißung, dass sein Geist immer mit uns sein wird (siehe Moroni 4:3; LuB 20:77). Die Verheißungen des Herrn sind gewiss. Wir werden erkennen, wie seine Hand uns führt, wenn wir würdig sind, die Eingebungen seines Geistes zu empfangen, und dann entsprechend handeln.

Ich habe festgestellt, dass es abgesehen von den heiligen Schriften und der Führung durch die lebenden Propheten mindestens drei weitere Möglichkeiten gibt, wie der Herr uns führen kann:

  1. Wir können Antworten auf konkrete Gebete erhalten.

  2. Der Herr nimmt oft auch Einfluss auf unsere Gedanken, Worte und Taten, wenn wir uns gar nicht um konkrete Führung bemüht haben.

  3. Wenn wir vor Schwierigkeiten stehen und meinen, der Herr habe uns verlassen, segnet er uns mit der Kraft, die wir brauchen, um die wichtigen Lektionen des Lebens zu lernen.

Göttliche Führung

Es ist ein Vorzug und ein Segen, nach der Führung des Herrn zu trachten, indem wir uns ihm im Gebet nahen. Wir trachten nach seinem Willen für uns in den verschiedensten Lebensumständen: wenn wir vor der Entscheidung stehen, wen wir heiraten sollen und wann, welche Ausbildung wir absolvieren, welchen Beruf wir ergreifen oder wo wir wohnen sollen, wenn wir wissen wollen, wie wir eine Berufung ausüben, in familiären Angelegenheiten helfen oder einem anderen Menschen oder einem Kind zur Seite stehen sollen oder wenn wir erfahren müssen, welche Lehren wir aus Widrigkeiten ziehen sollen.

In den meisten Fällen erhalte ich in solchen Angelegenheiten ganz konkret Antwort auf meine Gebete. In anderen Situationen bleibt es mir überlas-sen, eine Entscheidung allein mit meinem gesunden Menschenverstand zu fällen. Manchmal hat der Herr einen anderen Zeitplan für mich, dennoch erkenne ich seine Hand in meinem Leben dankbar an, weil er mir Antwort auf meine Gebete gibt.

Ich habe auch festgestellt, dass der Herr großzügig ist und uns oft in Angelegenheiten leitet, für die wir gar nicht nach seiner Führung getrachtet haben. Vor einiger Zeit stellte sich eines unserer Kinder für ein Schüleramt an seiner Schule zur Wahl. Am Wahltag war ich zu Hause und ging meinen Alltagsaufgaben nach. Plötzlich kam mir unmissverständlich in den Sinn, dass unsere Tochter die Wahl verloren hatte und dass ich eher zur Schule fahren musste, um sie abzuholen. Ich wusste, wann die Wahlergebnisse bekannt gegeben werden sollten, und behielt die Uhr im Blick. Ich kam genau zur rechten Zeit an der Schule an. Als ich das Gebäude durch die Vordertür betrat, saßen alle Jugendlichen, die sich zur Wahl gestellt hatten, in der Eingangshalle. Sie hörten sich die Ergebnisse an, ehe sie den anderen Schülern mitgeteilt wurden. Unsere Tochter war dankbar, dass sie eher nach Hause fahren und ihre Gedanken, Gefühle und Prioritäten ordnen konnte, ehe sie am nächsten Tag ihre Freunde wiedersah. Ich bin dankbar, dass der Herr, der Schöpfer des Universums, auch bereit ist, eine Mutter dabei zu leiten, dem Herz eines Kindes Trost zuzusprechen.

Ich habe die Eingebungen des Geistes auch andere Male verspürt, wenn ich nicht nach konkreter Führung getrachtet hatte. Der Geist hat mich gewarnt. Er hat mir beigestanden, wenn ich nicht wusste, was ich sagen oder tun sollte, um „mit den Trauernden zu trauern … und diejenigen zu trösten, die des Trostes bedürfen“ (Mosia 18:9). Er hat die Wahrheiten, die in einer Lektion oder einer Ansprache vermittelt wurden, bestätigt und mich geleitet, wenn ich auf Fragen oder Zweifel meiner Kinder eingegangen bin oder wenn sie sich von der Welt angezogen fühlten. Ich habe erfahren, dass einem oftmals das, was gesagt oder getan werden muss, „zur selben Stunde“ eingegeben wird (siehe LuB 100:6).

Wenn wir vor Widrigkeiten stehen, kann es Momente geben, in denen wir uns nicht sicher sind, ob der Herr an uns denkt. Jesaja lehrt uns, dass wir dem Herrn selbst dann vertrauen müssen:

„Auch wenn dir der Herr bisher nur wenig Brot und nicht genug Wasser gab, so wird er, dein Lehrer, sich nicht mehr verbergen. Deine Augen werden deinen Lehrer sehen, deine Ohren werden es hören, wenn er dir nachruft: Hier ist der Weg, auf ihm müsst ihr gehen.“ (Jesaja 30:20,21.)

Ungemach macht uns oft empfänglicher für die Eingebungen des Geistes. Und „wenn [wir] zum Herrn umkehren, lässt er sich durch [unsere] Bitte erweichen und heilt [uns]“ (Jesaja 19:22). Wenn wir in Zeiten des Unglücks auf den Herrn vertrauen, stoßen wir die Tür zu seiner stärkenden und heilenden Macht auf.

„Wir wollen jubeln und uns freuen“

Wenn wir die Lehren Jesajas auf uns beziehen, werden wir uns sicher an seinem Rat freuen, uns stets auf den Herrn zu verlassen. Wenn wir Bündnisse schließen und sie halten und wenn wir auf die Eingebungen des Heiligen Geistes hören, wird die Hand des Herrn unser Leben leiten, und wir können uns der verheißenen Segnungen sicher sein.

„Er beseitigt den Tod für immer. Gott, der Herr, wischt die Tränen ab von jedem Gesicht. …

An jenem Tag wird man sagen: Seht, das ist unser Gott, auf ihn haben wir unsere Hoffnung gesetzt, er wird uns retten. Das ist der Herr, auf ihn setzen wir unsere Hoffnung. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat.“ (Jesaja 25:8,9.)