2015
Jede Prüfung kann größeren Glauben hervorbringen
März 2015


Wir sprechen von Christus

Jede Prüfung kann größeren Glauben hervorbringen

Die Verfasserin lebt auf Sardinien.

Als ich sieben war und wir die Nachricht erhielten, dass mein Vater bei einem Unfall ums Leben gekommen war, betete ich um ein Wunder.

Ich hatte als Kind abends immer gern auf die Heimkehr meines Vaters gewartet. Das gehörte zu den schönsten Momenten des Tages. Ich schaute aus dem Fenster und sah ihn kommen. Ich zählte jeden seiner Schritte bis hin zur Haustür. Unbändig war die Vorfreude auf den Spaß, den wir nun haben würden. Nie hätte ich gedacht, dass ich irgendwann auf dieses Gefühl würde verzichten müssen.

Eines Tages, ich war sieben Jahre alt, kam anstelle meines Vaters ein Mann mit einem sehr ernsten Gesicht. Er stand in der Tür und überbrachte uns die Nachricht, dass mein Vater bei einem Unfall ums Leben gekommen war.

An diesem Tag war ich ganz still. Ich sah meinen vierjährigen Bruder an und meine Mutter, die noch so jung war und jetzt so ganz allein, aber ich weinte nicht. Ich konnte einfach nicht glauben, dass es wahr ist, also ging ich ans Fenster und starrte auf die Straße hinaus. Eine unerträgliche Last legte sich mir auf die Schultern – so schwer, dass ich kaum zu atmen vermochte, so bedrückt war ich.

Kurze Zeit nach dem Tod meines Vaters ging ich allein in mein Zimmer, die Sonne ging gerade unter, und ich betete zum Vater im Himmel, wie ich es gelernt hatte. Ich flehte ihn an, meinen geliebten Vater noch einmal sehen zu dürfen. Ich wollte ihn einfach nur umarmen. Ich war von ganzem Herzen überzeugt, dass der Vater im Himmel mir dieses Wunder schenken konnte.

Aber ich durfte an diesem Tag meinen Vater nicht sehen oder umarmen. Dafür schenkte mir der Vater im Himmel viel mehr. Mir kam es vor, als spürte ich die Hände des Erlösers auf meinen Schultern. Seine Gegenwart war beinahe greifbar, und er nahm mir die Last, die mir die Brust eingedrückt hatte.

Bild
illustration of woman at a window

Illustration von James Johnson

Noch heute, mehr als 20 Jahre später, ist diese Erleichterung und Befreiung spürbar. Traurig war ich zwar, aber niemals verspürte ich Leere wegen des Verlusts meines Vaters. Jetzt kann ich zurückblicken und erkennen, wie oft der Heilige Geist bei mir war und mich getröstet hat, mir geholfen hat und mir den Weg gezeigt hat, wie ich dem Heiland nachfolgen kann. Dank dieser ersten Prüfung spüre ich seine Nähe. Sie hilft mir, die alltäglichen Prüfungen aus ewiger Sicht zu betrachten. Ich weiß, dass wir durch das Evangelium, nach dem wir leben, diese unsichtbare Berührung durch des Heilands Hand spüren können.

Ich habe einen ewigen Ehebund geschlossen. Mein Mann und ich haben inzwischen drei kleine Mädchen, die ein Stück Himmel in unsere Familie bringen. Wenn ich sie ansehe, bin ich froh und dankbar für die beruhigende Erkenntnis, dass jedes Leid, jede Prüfung, jede Schwierigkeit in ihrem Leben auch größeren Glauben, neue Erkenntnis und großartige Wunder mit sich bringen können. Ich bin froh und dankbar für die unerschütterliche Gewissheit, dass sie, sollte die Zeit kommen, da sie mehr brauchen als das, was mein Mann und ich ihnen zu geben vermögen, dennoch geborgen, getröstet und in Sicherheit sein können, so wie ich es erlebt habe.