2016
Eine Herzenswandlung
Juni 2016


Eine Herzenswandlung

Wir finden Freude, wenn wir uns beständig um eine Herzenswandlung bemühen und das Sühnopfer Jesu Christi wirksam werden lassen.

Bild
father holding infant daughter

Illustrationen von Robert Hunt; Gewebe © iStock/Thinkstock

Rosemary, unser erstes Kind, war ein süßes, kleines Baby, als meine Mutter aus ihrem Dorf in Zentralsimbabwe zu uns zu Besuch kam. Als frischgebackene Eltern freuten sich meine Frau Naume und ich sehr auf ihren Besuch. Wir waren ganz begierig darauf, alles zu erfahren, was wir wissen mussten, um ein Kind großzuziehen.

Bei ihrer Ankunft packte meine Mutter eine gewebte Halskette aus. Sie erklärte, dass in diesen Stoff ein magischer Gegenstand eingearbeitet sei. Sie hielt Naume die Halskette hin, damit sie sie Rosemary um den Hals lege. Als meine Mutter spürte, dass Naume zögerte, sagte sie sofort: „Ich habe diese magische Halskette von meiner Mutter und meiner Großmutter mütterlicherseits bekommen, als ich noch ganz klein war, und sie hat mich und alle meine Kinder, auch deinen Mann, immer beschützt. Das Amulett wird eure Tochter vor Krankheiten und Zauber aller Art beschützen, die sie befallen könnten, und sie wird jede schwierige Situation im Leben bewältigen. Sie muss es tragen, bis sie fünf Jahre alt ist.“

Ich war damals Zweigpräsident und dachte sofort: „Was werden die Mitglieder meines Zweiges denken, wenn sie die ,magische‘ Halskette an unserem Baby sehen?“ Dann überlegte ich: „Vielleicht könnten wir die Kette so verdecken, dass sie nicht zu sehen ist.“ Ich schaute Naume an. Ihr Gesichtsausdruck sagte mir, dass wir dieses Geschenk nicht annehmen sollten. Ich fragte meine Mutter, ob sie ein kleines, dünnes Kettchen anfertigen könnte, das nicht so auffällig sei. Sie antwortete, das sei nicht möglich; der magische Gegenstand sei in der Form, wie sie ihn angefertigt habe, am wirkungsvollsten.

Wieder fing ich einen Blick von Naume auf, der ihr Missfallen ausdrückte. Ich wandte mich erneut meiner Mutter zu und erklärte ihr, dass ich mich als Zweigpräsident unserer Gemeinde nicht wohl damit fühlte, unserem Kind diese Halskette umzulegen. Daraufhin sprach meine Mutter eine Warnung aus: Ohne diese Halskette werde unser Baby sterben.

Ein Moment der Panik

Einige Wochen nach diesem Gespräch wurde unsere kleine Rosemary sehr krank. Wir hatten kein Geld für einen Arzt. Es war spät am Abend und ich musste an die Warnung meiner Mutter denken. In dem Moment wünschte ich mir, ich hätte die Halskette angenommen. Ich hätte sie Rosemary sogleich um den Hals gelegt. In diesem Moment der Panik hörte ich eine sanfte, leise Stimme, die mich drängte, Glauben an den Herrn Jesus Christus auszuüben. Ich zog sofort meinen Sonntagsanzug an, nahm unser Baby auf die Arme und sprach einen Priestertumssegen aus. Ich verspürte Frieden und Trost, und ich spürte, dass es meiner Frau genauso erging. Fast augenblicklich fielen Naume und die kleine Rosemary in einen friedlichen Schlaf. Unsere Tochter wurde geheilt. Im Laufe der folgenden Tage erholte sie sich langsam und wurde wieder ganz gesund. Was für ein Wunder hatten wir da erlebt! Der Herr hatte sich mir in seiner liebevollen Barmherzigkeit zugewandt und hatte meinen Glauben an ihn gestärkt.

Bild
father blessing infant daughter

Ich war dankbar, aber auch ein wenig beschämt. Da war ich also, ein zurückgekehrter Missionar, berufen als Zweigpräsident, und machte mir mehr Gedanken darüber, was die Leute sagten, als über meinen Glauben an Gott (siehe Mosia 4:9). Und auch meine Mutter, die ich sehr liebe und schätze, wusste eben nicht alles. Ich musste mehr sein als nur ein zurückgekehrter Missionar, mehr als ein Zweigpräsident. Eine Wandlung war notwendig: Ich musste erleben, was Alma erlebt hatte.

Eine mächtige Wandlung

Alma, ein Priester des bösen Königs Noa, ging offenbar in sich, als der Prophet Abinadi die eindringliche Frage stellte: „Ihr habt euer Herz nicht darauf verwandt, es zu verstehen; darum seid ihr nicht weise gewesen. Was also lehrt ihr dieses Volk?“ (Mosia 12:27.) Wie bei Alma war es auch bei mir notwendig, dass „eine mächtige Wandlung in [meinem] Herzen bewirkt [wurde]“ (Alma 5:12).

Als Priester am Hofe König Noas war Alma an ein Leben voller Privilegien gewöhnt. Sein Lebensunterhalt wurde mit Steuergeldern bestritten. Er genoss Macht und Ansehen. Er gehörte zu jenen, die „in ihrem Herzensstolz überheblich waren“ (Mosia 11:5). Doch als Alma erfuhr, dass der Erretter in die Welt kommen werde – als er von seinen Lehren erfuhr, von seinem Leiden, seinem Tod und seiner Auferstehung, dass Jesus Christus „das Licht und das Leben der Welt [ist]; ja, ein Licht, das endlos ist, das niemals verfinstert werden kann; ja, und auch ein Leben, das endlos ist, sodass es keinen Tod mehr geben kann“ (Mosia 16:9) –, war er bereit, sich zu ändern. Er war sogar bereit zu sterben, falls nötig.

Bild
Abinadi and King Noah

Ausschnitt aus dem Gemälde Abinadi hat Zeugnis abgelegt von Walter Rane, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Historischen Museums der Kirche

Inmitten von Widerstand und lebensbedrohlichen Gefahren setzte sich Alma vor König Noa mutig dafür ein, Abinadi in Frieden ziehen zu lassen. Alma handelte nach seinem Herzen. Er hatte die Liebe des Heilands gespürt, die durch Abinadi, den Propheten des Herrn, zu ihm durchgedrungen war.

Als mir meine Mutter die Kette schenken wollte, die ich unserem Baby zum Schutz umlegen sollte, machte ich mir nur wegen der Außenwirkung Gedanken. Ich fragte mich, was die Mitglieder unseres Zweiges wohl von mir halten würden. Offensichtlich hatte ich noch keine vollständige „mächtige Herzenswandlung“ erlebt. Seitdem habe ich erkannt, dass unser Erfolg und unser Glück davon abhängen, inwieweit wir bereit sind, das Evangelium in unser Herz aufzunehmen. Damit wir wahres Glück, wahre Freude und wahren Frieden finden, „muss uns das reine Evangelium Jesu Christi durch die Macht des Heiligen Geistes tief ins Herz dringen“1.

Eine Gelegenheit, Zeugnis abzulegen

Wenn wir eine solche Wandlung erleben und in allem und überall auf den Erlöser blicken, sind wir in der Lage, uns anderer anzunehmen. Alma wurde ein mächtiger Missionar. Er erreichte viele Menschen und richtete unter seinem Volk, das vor König Noa geflohen war, die Kirche Christi auf.

Erkennen Sie, dass ich die Gelegenheit versäumt hatte, meiner Mutter das Evangelium näherzubringen, als sie uns die magische Kette schenken wollte, von der sie glaubte, sie habe sie und ihre Kinder immer beschützt? Ich hätte ein Werkzeug in den Händen des Herrn sein können – so wie Alma, der das Evangelium Jesu Christi verkündete und „ihnen das Herz [veränderte]; ja, er erweckte sie aus einem tiefen Schlaf, und sie sind für Gott erwacht“ (Alma 5:7).

Wenn ich über die Begebenheit mit meiner Mutter nachdenke, frage ich mich, was geschehen wäre, wenn ich mehr wie Alma reagiert hätte. Meine Mutter wäre vielleicht für Gott erwacht, und ihre Wandlung hätte einen positiven Einfluss auf meine Geschwister haben können. Diese Wandlung wiederum hätte einen großen Einfluss auf das Leben der Kinder meiner Geschwister haben können und auf deren Nachkommen.

Almas mächtige Wandlung wirkte sich ja nicht nur auf diejenigen aus, denen er das Evangelium verkündete und Zeugnis ablegte, sondern auch auf seine Kinder und seine Nachkommen. Als sein Sohn Alma den Menschen im Land Zarahemla und in den angrenzenden Gebieten predigte, erinnerte er sie an das Zeugnis seines Vaters vom Erlöser Jesus Christus:

„Siehe, ich kann es euch sagen – hat nicht mein Vater Alma den Worten geglaubt, die durch den Mund Abinadis vorgetragen wurden? …

Und gemäß seinem Glauben wurde eine mächtige Wandlung in seinem Herzen bewirkt.“ (Alma 5:11,12.)

Es begann mit Abinadis Aufforderung, man solle doch sein Herz darauf verwenden, das Wort Gottes zu verstehen. Für einen jungen Menschen wie Alma war die darauf folgende mächtige Herzenswandlung der Schlüssel zu seinem Glück und zu dem Erfolg, dass er auch andere erreichte: „Und siehe, er predigte das Wort euren Vätern, und auch bei ihnen wurde eine mächtige Wandlung im Herzen bewirkt, und sie demütigten sich und setzten ihr Vertrauen in den wahren und lebendigen Gott. Und siehe, sie waren bis ans Ende treu; darum wurden sie errettet.“ (Alma 5:13.)

Eine anhaltende Wandlung

In der heutigen Zeit muss sich manch junger Mensch zwischen dem entscheiden, was in den Augen Gottes recht ist, und dem, was seinen Erziehungsberechtigten gefällt, die möglicherweise eine andere Haltung im Hinblick auf die Wahrheit des Evangeliums einnehmen. Wer vor einer solchen Entscheidung steht, sollte sich fragen: Verhilft mir diese Entscheidung dazu, sagen zu können, dass meine „Werke … die Werke der Rechtschaffenheit gewesen [sind]“ (Alma 5:16), und ist mir dann noch immer danach zumute, „den Gesang der erlösenden Liebe [zu] singen“ (Alma 5:26)?

Wir alle sollen unsere Eltern lieben und schätzen, aber zugleich muss uns bewusst sein, dass sich unsere Entscheidungen direkt auf unsere Kinder und unsere Nachkommen auswirken. Für einige von uns kann es notwendig sein, dass wir uns aufraffen und unseren Wohlfühlbereich verlassen, wie Alma es getan hat, der vor den Knechten König Noas floh und das Evangelium unter sehr schwierigen Umständen verkündete. Dies brachte eine große Veränderung mit sich, nicht nur für seine Familie, sondern auch für andere. Um eine Herzenswandlung erleben zu können, ist es wichtig, an andere zu denken und uns „in Fasten und mächtigem Beten für das Wohlergehen der Seele derer zu vereinen, die Gott nicht [kennen]“ (Alma 6:6).

Was, wenn unsere kleine Rosemary die Krankheit nicht überlebt hätte – noch nicht einmal nach dem Priestertumssegen, den ich ihr gegeben hatte? Die Mahnung des Herrn ist mir eine große Stütze: „Wer sein Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“ (Matthäus 10:39.)

Wir finden Freude, wenn wir uns beständig um eine Herzenswandlung bemühen und das Sühnopfer Jesu Christi wirksam werden lassen. Ich bin dankbar für dieses Wissen, und ich weiß von ganzem Herzen, dass Jesus Christus hinging und „Schmerzen und Bedrängnisse und Versuchungen jeder Art [litt]; und dies, damit sich das Wort erfülle, das da sagt, er werde die Schmerzen und die Krankheiten seines Volkes auf sich nehmen“ (Alma 7:11). Ich weiß, dass wir wahre Sicherheit und wahren Schutz finden, wenn wir auf den Herrn blicken und seinem Rat folgen.

Anmerkung

  1. Henry B. Eyring, „We Must Raise Our Sights“, Ensign, September 2004, Seite 16