2019
Fatu Gamanga – Östliche Provinz, Sierra Leone
Dezember 2019


Gelebter Glaube

Fatu Gamanga

Östliche Provinz, Sierra Leone

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Fatu

Dank dem Alphabetisierungsprogramm der Kirche hat Fatu Gamanga nicht Lesen und Schreiben gelernt, sondern auch vom Evangelium Jesu Christi erfahren. Bevor sie sich der Kirche anschloss, war es nicht leicht für sie, ihre Familie zu ernähren. Jetzt hat sie Fertigkeiten entwickelt, mit denen sie eigenständig sein kann. Sie führt ihr eigenes Geschäft: Sie stellt wunderschöne handgearbeitete Teppiche her und verkauft sie. Außerdem ist Schwester Gamanga in ihrem Zweig FHV-Leiterin.

Christina Smith, Fotografin

Als mein Vater starb, war ich noch klein. Es war schwer, keinen Vater zu haben. Meine Mutter versuchte, ihre Familie zu ernähren. Sie hatte aber nicht so viel Geld, dass sie mich zur Schule schicken konnte. Ich war entmutigt, weil ich mit dem Lernen aufhören musste und nie lesen gelernt habe. Meine Mutter und ich unternahmen in unserem Dorf vieles, um uns über Wasser zu halten. So halfen wir zum Beispiel in der Landwirtschaft. Jahrelang rackerten wir uns gemeinsam ab.

Schließlich heiratete ich und bekam Kinder. Einige Jahre später starb mein Mann und ich hatte als Alleinerziehende zu kämpfen, um für meine Kinder zu sorgen.

Meine Freunde besuchten mich und sagten: „Du hast deinen Mann verloren. Jetzt leidest du. Wir möchten dich gern in unsere Kirche einladen, damit du erfährst, was Jesus für dich tun kann.“ Ich folgte meinen Freunden in ihre Kirche. Ich ging auch in andere Kirchen.

Eines Tages kam eine Frau, die ein paar Häuser weiter wohnte, und sagte: „Ich habe eine Kirche. Willst du mitkommen?“

„Nein“, erwiderte ich. „Ich habe schon viele Kirchen ausprobiert.“

„Bitte“, bat die Frau, „ich möchte dich gern in meine Kirche einladen“.

„Wie heißt denn deine Kirche?“ fragte ich.

„Meine Kirche ist die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.“

Sie redete mir zu, mehr zu erfahren, und bat die Missionare, bei mir vorbeizuschauen. Als die Missionare zum ersten Mal kamen, rief ich meine Familie zusammen. Die Missionare setzten sich und gingen daran, uns zu unterweisen.

Als ich das erste Mal in der Kirche war, saß ich neben einer Frau, die aus einem Gesangbuch sang. Ich versuchte aufzupassen, aber ich konnte nicht lesen. Ich verstand nicht einmal, was sie sang. Da sank mir der Mut und ich sagte mir: „In diese Kirche gehe ich nicht noch einmal.“

Ich teilte den Missionaren mit, dass ich nicht wieder in die Kirche gehen würde. Ein Missionar sagte daraufhin: „Ich werde Sie nicht zwingen, sich dieser Kirche anzuschließen, aber ich sage Ihnen die Wahrheit: Wenn Sie glauben möchten, dass diese Kirche wahr ist, lesen Sie dieses Buch.“ Er reichte mir das Buch Mormon.

„Sie können mir dieses Buch nicht geben“, widersprach ich. „Ich bin nicht gebildet. Ich kann nicht einmal lesen. Ich brauche Ihr Buch nicht.“

Die Missionare gaben zurück: „Ihre Kinder lernen doch lesen. Sie werden es Ihnen vorlesen und Sie werden es verstehen.“

„Ich werde es versuchen“, antwortete ich.

Meine Tochter fing an, mir das Buch Mormon vorzulesen, und ich ging wieder in die Kirche. In der Kirche kam eine Schwester zu mir. Sie erzählte mir von einem Kurs für Leute, die nicht lesen und schreiben können. Sie sagte, es sei der Lese- und Schreibkurs der Kirche.

„Wir brauchen noch eine Schülerin“, meinte sie.

„Ich möchte wirklich gern lesen und schreiben können“, erwiderte ich. „Also werde ich diesen Kurs besuchen!“

Durch die Teilnahme an dem Kurs lernte ich lesen und schreiben und immer mehr über das Evangelium. Meine Tochter las mir weiter aus dem Buch Mormon vor. Eines Tages erklärte ich: „Dies ist das Wort Gottes. Das kann ich nicht abstreiten.“ Ich beschloss, mich taufen zu lassen.

Kurz nach meiner Taufe rief mich der Zweigpräsident an und sagte: „Schwester Gamanga, der Heilige Geist hat mich angewiesen, Sie als FHV-Leiterin zu berufen.“

„Ich weiß nicht, was Sie meinen“, antwortete ich. „Ich kann nicht lesen, ich kann nicht schreiben, und Sie wollen mich berufen? Was bedeutet das denn?“

Er erklärte, dass ich die Frauen in die Kirche einladen, mit ihnen sprechen und ihnen helfen würde. „Mit Gott kann ich es tun“, erwiderte ich.

Seitdem hat sich sehr viel in meinem Leben getan. Anfangs las ich nur Wörter mit zwei Buchstaben, dann solche mit drei. Danach ging ich zu vierbuchstabigen und anschließend fünf- bis sechsbuchstabigen Wörtern über. Das hat mir geholfen, in der Frauenhilfsvereinigung zu unterrichten.

Wenn ich etwas nicht verstehe, bitte ich um Hilfe. Was mir Probleme macht, ist die Schreibweise. Ich weiß nicht, wie man manche Wörter ausspricht. Aber ich bekomme Hilfe, damit ich sie verstehe. Wenn ich unterrichte, bitte ich eine der FHV-Schwestern, mir bei Wörtern, die ich nicht kenne, zu helfen. Auf diese Weise unterrichte ich. Jedes Mal, wenn ich um Hilfe bitte, lerne ich etwas dazu.

Bevor ich mich der Kirche anschloss, versuchte ich, handgearbeitete Teppiche zu verkaufen und damit Geld zu verdienen. Aber ich hatte kein Geld, um Material zu kaufen. Ich sagte den Leuten damals: „Wenn Sie einen Teppich wollen, kaufen Sie sich Material und bringen es mir. Dann mache ich Ihnen einen Teppich. Bezahlen können Sie mich, wenn ich fertig bin.“

Jetzt, wo ich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage angehöre, habe ich etwas über Eigenständigkeit erfahren. Durch die Kirche habe ich mehr Ausdauer erlangt, um lesen, schreiben und sprechen zu lernen und auch etwas für mich zu tun, damit ich eigenständig bin. Jetzt gehe ich zum Schneider und frage nach den Stoffresten, die beim Zuschneiden auf den Boden fallen. Ich kaufe die Reste für wenig Geld und mache aus ihnen meine Teppiche. Jetzt verkaufe ich mehr als je zuvor.

Seit ich mich der Kirche angeschlossen habe, hat sich mein Leben verändert. Ich habe bei Null angefangen, aber inzwischen habe ich richtig viel erreicht! Ich bin stolz auf Jesus Christus und auf seine Kirche. Und ich bin so dankbar für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

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Fatu

Durch das Evangelium Jesu Christi hat Fatu die Kraft gefunden, in ihrem Leben vieles zu verbessern. Unter anderem ist sie eigenständiger geworden. Sie ist in der Lage, den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu bestreiten.

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Fatu reading to others

Weil sie nun damit gesegnet ist, lesen und schreiben zu können und eigenständig zu sein, kann sie auch für andere da sein und das, was sie gelernt hat, weitergeben.

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Fatu

Fatu hat Selbstvertrauen und Gottvertrauen erlangt und ergreift bereitwillig neue Gelegenheiten zu dienen. „Mit Gott kann ich es schaffen“, betont sie.