2018
Libuletswe Gofrey Mokgatle – Gauteng, Südafrika
September 2018


Gelebter Glaube

Libuletswe Gofrey Mokgatle

Gauteng, Südafrika

Libuletswe Mokgatle verlor mit 21 Jahren sein Augenlicht. Er lernte vieles wieder neu, aber er lernte nie Braille. Doch er wollte in den heiligen Schriften lesen, also bat er Gott im Gebet um Hilfe.

Cody Bell, Fotograf

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Libuletswe

1991 hatte ich den starken Wunsch, dem Herrn zu dienen, aber ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich betete darüber und mir kam der Gedanke, mich den wiedergeborenen Christen anzuschließen. Ich war der Meinung, das sei der richtige Weg. Da klopften zwei junge Burschen in weißen Hemden an die Tür.

Meine Frau machte ihnen auf und erzählte mir, dass sie zwar gedacht hatte, es wären Studenten, aber sie hatten sich als Missionare der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage vorgestellt. Sie wollten mir etwas vom Evangelium erzählen. Ich nahm das Angebot an.

Die Missionare unterhielten sich mit mir und meiner Familie und ließen am Schluss ein Buch Mormon da. Sie sagten, wir sollten darin lesen. Ich erwiderte, dass meine Familie es mir wohl vorlesen müsse, weil ich ja blind bin. Wir machten mit den Missionaren einen weiteren Termin aus.

Als sie wiederkamen, berichtete ich: „Meine Familie hat mir das Buch Mormon noch nicht vorgelesen. Sie haben viel zu tun und keine Zeit für mich.“

Die Missionare erzählten mir daraufhin, dass die Kirche auch Audiokassetten vom Buch Mormon hat. Sie fragten, ob ich sie mir anhören würde, wenn sie mir welche mitbrächten. Ich bejahte das. Das nächste Mal kamen sie mit einer Box mit Audiokassetten vom Buch Mormon und gaben sie mir. Ich hatte gedacht, ich müsste dafür bezahlen, aber sie überließen sie mir umsonst.

Ich begann, mir die Kassetten anzuhören, und hatte Freude daran. Als die Missionare das nächste Mal zu mir kamen, brachten sie noch einen anderen Mann mit. Er war aus einer Nachbarstadt gekommen, um seine Familie zu besuchen. Er war Mitglied der Kirche und überredete mich, am Sonntag mit ihm zur Kirche zu gehen.

An diesem ersten Sonntag hörte ich das Evangelium, wie ich es nie zuvor gehört hatte. Es war keine Kirche mit vielen Anwesenden, aber ich spürte etwas. Ich fand, dass die Lieder dieser Kirche anders waren als all die Kirchenlieder, die ich in anderen Kirchen gehört hatte. Etwas sagte mir, dass ich weiter in die Kirche gehen sollte.

Ich nahm eine ganze Weile an den Versammlungen teil und ließ mich schließlich taufen. Kurze Zeit später wurde ich als Zweiter Ratgeber in der Sonntagsschulleitung berufen. Ein Hoher Rat gab mir daraufhin ein Handbuch. Ich wies ihn darauf hin, dass ich blind bin und daher nichts sehen und lesen kann. Er sagte, ich könne das Handbuch trotzdem mitnehmen und es mir von jemandem vorlesen lassen. „Dann wissen Sie, welche Aufgaben Sie als Zweiter Ratgeber in der Sonntagsschule haben“, erklärte er.

Ich suchte nach jemandem, der es mir vorlesen konnte. Einer der Missionare willigte ein, das Handbuch als Aufnahme für mich einzulesen. Als ich mir die Aufnahme anhörte, erkannte ich, was meine Aufgaben waren. Ich hatte die Berufung einige Zeit inne.

Dann wurde ich als Zweiter Ratgeber im Ältestenkollegium berufen. Auch dafür gab es einen Leitfaden, aber ich konnte ihn nicht benutzen. Alle Mitglieder der Kirche konnten die Leitfäden verwenden und ich fragte mich, ob es mich nicht stark belasten würde, immer davon abhängig zu sein, dass andere mir vorlasen und Aufnahmen erstellten. Ich begann, den Vater im Himmel im Gebet darum zu bitten, dass ich etwas finden würde, wodurch ich das Evangelium besser verstehen konnte. Während des Betens spürte ich, wie der Geist mir sagte, dass ich sogar Berge versetzen könne, wenn ich Glauben habe.

Bei einem Heimlehrbesuch erzählte ich der Schwester, die wir besuchten: „Ich kann die heiligen Schriften nicht lesen, weil ich nicht sehen kann. Ich möchte eine Schule besuchen, an der ich lerne, Braille zu lesen und zu schreiben.“

Ihr Bruder arbeitete an einer Blindenschule. Er half mir bei der Bewerbung. Ich lernte jeden Tag Braille. Ich stand sogar nachts auf, um Braille lesen zu üben. Ich brauchte nur vier Monate, bis ich es lesen konnte.

Ich schloss den Kurs ab und sagte meinem Zweigpräsidenten, dass ich nun Braille lesen konnte. Er gab mir einen Karton mit dem Leitfaden für das Priestertum und den gesamten heiligen Schriften in Braille. Ich hatte gar nicht gewusst, dass es so etwas von der Kirche gab. Ab dem Zeitpunkt begann ich, das Evangelium wirklich zu verstehen und Freude daran zu haben.

Ich wurde in die Bischofschaft berufen und habe diese Berufung nun etwa zehn Jahre inne. Ich kann jetzt vor anderen stehen und mit dem Geist lehren. Da es zu lange dauern würde, im Unterricht Braille zu lesen, übe ich die Lektion zu Hause und lerne sie auswendig, damit ich ohne Leitfaden unterrichten kann.

Ich weiß, dass die heiligen Schriften wahr sind. Jedes Mal, wenn ich darin lese, lerne ich etwas. Es gibt immer etwas, was ich daraus entnehmen kann.

Es macht mich glücklich, mich an die Wahrheiten zu halten, die ich aus den Schriften lerne. Zum Beispiel: „Wenn du meine Gebote hältst und bis ans Ende ausharrst, wirst du ewiges Leben haben.“ (LuB 14:7.)

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Siphiwe and Libuletswe

Siphiwe Ndou (links), ein zurückgekehrter Missionar, spricht bei einem Gemeinde-Familienabend mit Libuletswe Mokgatle.

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reading braille

Braille lesen zu lernen hat Bruder Mokgatle viele Möglichkeiten eröffnet. Am wichtigsten war ihm, nun das Evangelium studieren zu können.

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Libuletswe with wife and ward member

Naledi Modige (Mitte), ein Mitglied aus der Gemeinde, lacht mit Bruder Mokgatle und seiner Frau Makhosazana (ganz links) beim Familienabend. Die Mokgatles haben in ihrem Zuhause gern Menschen um sich.

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talking with tenants

Die Mokgatles vermieten mehrere Zimmer ihres Hauses. Sie freuen sich, wenn sie sich mit ihren Mietern unterhalten können.