2007
Lass dich nicht vom SMS-Schreiben beherrschen
August 2007


Lass dich nicht vom SMS-Schreiben beherrschen

Ich freue mich so darauf, meine Freundin wiederzusehen“, sagte ein Mädchen immer wieder seinen Eltern, als es sich für das besondere Treffen fertig machte. Sie war gerade wieder nach Hause zurückgekommen, nachdem sie eine Weile an einem fernen Ort gewohnt hatte. Auf diesen Augenblick hatte sie sich sehr lange gefreut.

Als die beiden Freundinnen sich dann wiedersahen, strahlten sie über das ganze Gesicht. Sie fielen sich in die Arme und lachten, als sie sich auf den Weg machten. Sie freuten sich, dass sie endlich wieder miteinander reden konnten. Doch die Eltern staunten, als ihre Tochter viel früher als erwartet wieder zu Hause war.

„Was ist los?“, fragten sie.

„Ich hatte mich so gefreut, dass wir so wie früher miteinander reden können, aber sie hat die ganze Zeit nur SMS an ihre anderen Freunde geschickt.“ Es war ganz offensichtlich, dass sie verletzt und enttäuscht war. Sie sagte: „Ich wünschte, die SMS wären nie erfunden worden.“

Wie bei allen Kommunikationsmitteln können auch Handys mit SMS-Funktion positiv oder negativ sein – abhängig davon, wie man sie benutzt. Manch einer hat sich über Geburtstagsgrüße per SMS schon sehr gefreut und manche Katastrophe konnte abgewendet werden, weil jemand rasch mit einer SMS gewarnt wurde. Es gibt aber auch weniger angenehme Beispiele: Teenager schreiben während der Sonntagsschule oder im Seminarunterricht SMS an ihre Freunde, jemand fühlt sich vom Inhalt einer SMS verletzt und es gibt, wie im oben geschilderten Beispiel, Personen, die die Menschen um sich herum meiden oder ignorieren und lieber mit jemand anders per SMS kommunizieren.

Wie eine E-Mail kann auch die SMS eine sehr gute Kommunikationsmöglichkeit sein und eine Beziehung stärken, aber sie ist nicht die Beziehung an sich. Wenn man SMS vernünftig und kontrolliert einsetzt, kann man damit Positives erreichen. Wenn es jedoch außer Kontrolle gerät, kann es negative und sogar zerstörerische Folgen haben.

Bedenkliche Entwicklung

Wir haben einige vor kurzem zurückgekehrte Missionare zum Thema SMS befragt. Diese Freunde, die ihre Mission in einer SMS-freien Zone verbracht haben, haben einige bedenkliche Entwicklungen angesprochen, die sie bei ihrer Rückkehr nach Hause festgestellt haben. Sie haben davon gesprochen, dass das SMS-Schreiben ein falsches Gefühl von Sicherheit hervorrufen kann und die Kommunikationsfähigkeit verkümmern lässt und dass man dabei völlig distanziert und gefühllos sein kann.

„Wenn man eine SMS schreibt, hat man leicht das Gefühl, man sei von einer schützenden Mauer umgeben“, meint einer. „Es ist leicht, eine gedankenlose Aufforderung loszuschicken oder eine bissige Antwort, weil man sich ja sicher fühlt.“ So ein Gefühl ist nicht immer gut. Es ist so, als schreie man den Fahrer eines anderen Autos an – und sitzt dabei sicher im eigenen Auto. Aufgrund der Entfernung traut man sich, Sachen zu sagen, die man dem anderen niemals ins Gesicht sagen würde. Habt ihr schon einmal erlebt, dass ein Lehrer eine schroffe oder gar gemeine Bemerkung unter einen Aufsatz oder eine Kurzgeschichte geschrieben hat, an der ihr stundenlang gearbeitet habt? Aus der Ferne hat sich der Lehrer sicher gefühlt und sich getraut, eine vielleicht nicht so erbauliche Bemerkung hinzuschreiben. Bei einem Gespräch unter vier Augen wäre seine Reaktion auf eure Arbeit wahrscheinlich wesentlich freundlicher und taktvoller gewesen.

Ein anderer zurückgekehrter Missionar meinte, dass das SMS-Schreiben seiner Meinung nicht gerade die Kommunikationsfähigkeit fördere. „Wann lernt man denn, eine Unterhaltung zu führen, die länger als ein paar Minuten dauert?“, fragt er. „Wann lernt man, auf verbale und nonverbale Mitteilungen zu achten, die jemand anders von sich gibt?“ Er erklärt, dass es eigentlich schon lustig ist, wenn man auf dem Universitätsgelände oder auf dem Flughafen sieht, wie jeder mit jeman- dem „woanders“ kommuniziert und dabei die Menschen um sich herum völlig ignoriert. Der zurückgekehrte Missionar meinte: „Das ist fast so eigenartig wie bei einem egozentrischen Superstar, der nur darauf bedacht ist, in seinem Film oder mit der CD mit seinem Publikum in Kontakt zu treten, aber gleichzeitig seine Kollegen, Hilfskräfte oder Fans schlecht behandelt.“

„Der vielleicht größte Nachteil beim SMS-Schreiben ist, dass man Abstand zu den Menschen wahren kann“, sagt ein weiterer zurückgekehrter Missionar. Eine Beziehung ist wie ein Bankkonto: Wenn man nichts einzahlt, kann man auch nichts abheben. Wenn man nur wenig Anstrengung investiert, um auf andere zuzugehen und mit ihnen Umgang zu pflegen, bekommt man kaum etwas zurück. Dieser zurückgekehrte Missionar meinte: „Es ist wie mit einem Untersucher. Wenn du nicht mit dem Herzen bei der Sache bist und dir der Mensch egal ist, kannst du dir viel Kummer sparen, wenn derjenige deine Botschaft verwirft, aber du weißt nie, was wohl geschehen wäre, wenn du alles darangesetzt hättest.“ Beim SMS-Schreiben verliert man schnell das Gefühl bei der Kommunikation, das in unserem Leben doch so wichtig ist. „Es ist so, als äße man eine Mahlzeit ohne Gewürze. Da entgeht einem wirklich viel.“

Selbst die Kontrolle übernehmen

Wie kann man diese Nachteile vermeiden und SMS auf eine geeignete Weise einsetzen? Diese zurückgekehrten Missionare haben ein paar wirklich gute Ratschläge: Schreibt SMS, wenn ihr allein seid, haltet das Gleichgewicht zwischen elektronischer und nicht-elektronischer Kommunikation und sorgt für eine Vielfalt an Unterhaltung.

„Unterhaltet euch mit den Menschen“, rät ein zurückgekehrter Missionar. „Lernt, wie man ein Gespräch mit jemandem anfängt, den man nicht kennt. Fragt: ‚Woher kommen Sie?’ oder ‘Haben Sie schon immer hier gelebt?‘ Das ist mit das Schwierigste für neue Missionare, aber das sollte es nicht sein. Es sollte einem nicht schwerfallen, mit der Person zu sprechen, die einem die Haare schneidet, oder mit jemandem in der Schlange an der Kasse im Supermarkt. Man muss ja keine Unbekannten auf der Straße ansprechen. Sprecht einfach die Person neben euch in der Straßenbahn an oder stellt ihr eine Frage.“

Ein anderer früherer Missionar sagt: „SMS, Nachrichten auf dem Anrufbeantworter und sogar Anrufe können warten. Das könnt ihr machen, wenn ihr allein seid, und nicht wenn andere dabei sind.“ Er sagt: „Mein Missionspräsident hatte ein Handy, aber er hatte es immer auf stumm geschaltet und nahm während einer Konferenz oder einer Unterredung keine Anrufe entgegen. Wir wussten immer, dass wir in dem Augenblick für ihn oberste Priorität hatten.“

Für viele Leute stellen SMS eigentlich eine Form von Unterhaltung dar. „Es ist ganz schön traurig, wenn das die aufregendste Unterhaltung ist, die man haben kann“, meint eine zurückgekehrte Missionarin. Was werdet ihr einmal euren Kindern erzählen, was ihr in der „guten alten Zeit“ so zum Spaß gemacht habt? Wollt ihr wirklich zugeben, dass eure ganze Unterhaltung aus Videos, Computerspielen und SMS bestand? Die Missionarin fragt: „Wie wäre es mit kreativen Verabredungen, zusammen spielen oder einfach nur zusammensitzen, witzige Geschichten erzählen und lachen, bis einem alles wehtut?“

Was Russell erlebt hat

Als Russell nach seiner Mission nach Hause kam, war er begeistert von seinem neuen Handy. Zuvor hatte er auch eines, aber darauf gab es keine Spiele, keine Kamera und man konnte keine SMS schreiben. An einem der ersten Wochenenden nach seiner Mission wurde er gebeten, bei einem privaten Flohmarkt in der Nachbarschaft zu helfen. Die Leute sahen sich die verschiedenen Sachen an, die auf dem Rasen verteilt waren, und Russell spielte mit seinem neuen Handy und schrieb mit einem Freund SMS darüber, wie sehr er doch seine Mission vermisse. Plötzlich entdeckte er eine Frau, die etwas durcheinander wirkte, als sie einige Gegenstände betrachtete. Er legte sein Handy beiseite und ging auf sie zu. Er stellte schnell fest, dass sie neu in der Gegend war und Spanisch sprach, aber kaum Englisch. Da er in Spanien auf Mission gewesen war, unterhielt er sich mit ihr auf Spanisch, was sie sehr freute. Es dauerte gar nicht lang, da hatte er ihr nicht nur geholfen, ein paar Sachen auszuwählen, sondern auch ihren Namen und ihre Adresse notiert, die er dann den Missionaren zukommen lassen wollte.

Russell sagt: „Da saß ich nun und schrieb eine SMS darüber, wie sehr ich meine Mission vermisste, und verpasste dabei beinahe eine Gelegenheit, Missionsarbeit zu tun. Als ich das Handy beiseite legte, bekam ich letztlich sogar eine Empfehlung für die Missionare. Ich freute mich über mein neues Handy und es machte mir Spaß, mit meinem Freund SMS zu schreiben, aber nichts machte mich so glücklich wie diese Empfehlung für die Missionare.“

Soll man die SMS-Funktion im Handy benutzen? Natürlich! Wir müssen nur aufpassen, dass es nicht überhandnimmt.

IST DIE BOTSCHAFT ANGEKOMMEN?

Man kann SMS-Botschaften auch für gute Zwecke einsetzen. Drei Schüler des Seminars an der Skyline Highschool in Salt Lake City haben diese Beispiele genannt, wie sie und andere ihre Daumenmuskeln für einen guten Zweck eingesetzt haben.

  • Mitch bekam eine SMS, in der sich jemand bei ihm für etwas bedankte, was er getan hatte. Darüber freute er sich sehr. Es dauert nicht lang, eine einfache, positive Botschaft zu senden, aber man kann damit jemandem eine Freude machen.

  • Mary-Marthas Sonntagsschullehrerin erinnerte ihre Klasse per SMS an eine Aktivität in der Kirche.

  • Bridger schickte seinem Freund eine SMS und fragte, ob er zum Seminar kommt. Man kann jemanden mit einer SMS zum Seminar oder zur gemeinsamen JD- und JM-Aktivität einladen, ohne Druck auf ihn auszuüben. Man kann auch eine SMS schicken, um jemandem mitzuteilen, dass man ihn bei einer Aktivität vermisst hat, und ihn einladen, doch das nächste Mal mitzukommen.

  • Mitchs Freund hat die heiligen Schriften auf sein Handy heruntergeladen. Wenn ihr jemandem eure Lieblingsschriftstelle per SMS schickt, kann das seine Stimmung verbessern und sein Herz berühren.

  • Bridger schickt gerne SMS-Mitteilungen an seine Eltern und fragt, wie der Tag denn so für sie läuft. Mit solchen Botschaften isoliert ihr euch nicht, sondern stärkt vielmehr die Beziehung zu euren Eltern.

Es ist an dir, die SMS-Funktion weise zu nutzen. Es kann ein nützliches Hilfsmittel sein, aber lass nicht zu, dass es die direkte Kommunikation verdrängt.