2003
Ein neues Leben auf Mission
März 2003


Ein neues Leben auf Mission

Meine Frau und ich führten nach der Pensionierung ein angenehmes Leben. Wir arbeiteten gern im Tempel, erfüllten Aufgaben in Pfahl und Gemeinde und besuchten unsere Kinder und Enkel und unsere verwitweten Mütter. Schöner konnte das Leben eigentlich gar nicht sein!

Aber etwas regte sich in uns. Es war an der Zeit, ernsthaft eine Mission ins Auge zu fassen. Das wussten wir. Sehr bald war uns klar, dass wir auf Mission gehen sollten. Aber wir beschlossen, erst noch eine Liste all dessen zu erstellen, was erledigt werden musste, bevor wir unsere Papiere einreichen konnten. Wir stellten also pflichtbewusst eine Liste auf, machten uns an die Arbeit und begannen, einen Punkt nach dem anderen abzuhaken.

Nach zwei Monaten bemerkten wir, dass unsere Liste immer länger statt kürzer wurde. „Es wird schon werden“, dachten wir. „Wir müssen einfach mehr tun.“ Aber die Liste wurde und wurde nicht kürzer. Da erkannten wir, dass wir uns zwar noch immer gedrängt fühlten, auf Mission zu gehen, dass uns aber die Furcht vor dem Unbekannten dazu trieb, unserer Liste immer mehr hinzuzufügen, als wir erledigen konnten.

Nachdem wir die Liste eines Morgens wieder durchgegangen waren, las ich in dem Buch Jesus der Christus von Elder James E. Talmage (1862–1933). Eine Stelle berührte mich sehr: „Ausreden sind leicht zu finden, sie schießen so schnell und reichlich in die Höhe wie das Unkraut am Wegesrand. Als der Samariter des Weges kam und den jämmerlichen Zustand des Verwundeten sah, hatte er keine Ausrede, denn er suchte keine.“ ( Jesus der Christus, Seite 354.)

Aufgeregt eilte ich in die Küche und las meiner Frau diese Worte vor. Auch sie war sehr berührt. Es war keine Frage mehr, was wir als nächstes zu tun hatten.

Wir zerrissen sofort unsere Aufgabenliste, die wir nun mit einem Lächeln „unsere Ausredenliste“ nannten, und unternahmen die notwendigen Schritte, um auf Mission berufen werden zu können.

Danach fügte sich rasch eins ins andere, und wir genossen auf unserer Mission in Singapur das Leben mehr als je zuvor. Unser Auftrag bestand darin, neue Führungskräfte in den Zweigen der Kirche zu schulen – zunächst in Sri Lanka und dann in Malaysia. Wie wir herausfanden, kamen unsere Angehörigen daheim auch ohne uns sehr gut zurecht, und wir sahen, wie dringend wir als Seniormissionare gebraucht wurden.

Zwei Tage vor dem Ende der Mission luden uns die Mitglieder der beiden Zweige, in denen wir in Malaysia gearbeitet hatten, zu einer Überraschungs-Abschiedsfeier ein. Wir werden nie vergessen, wie wir aus dem Gemeindehaus traten und uns die Mitglieder umringten. Jeder hielt eine selbstgemachte chinesische Laterne in der Hand, und sie sangen für uns auf Chinesisch „Gott sei mit euch bis aufs Wiedersehn“ ( Gesangbuch , Nr. 98). Bis heute kommen mir jedes Mal die Tränen, wenn ich darüber spreche. Wir sind von Herzen dankbar, dass wir uns nicht von unserer Ausredenliste – von unserer Furcht – von diesen kostbaren Erfahrungen abhalten ließen.

Robert A. Hague gehört zur Gemeinde Yakima 2 im Pfahl Selah Washington.