2008
Wie konnte ich nur zur Kirche kommen?
Januar 2008


Wie konnte ich nur zur Kirche kommen?

1997 befand ich mich auf einem Arbeitseinsatz in La Victoria in Venezuela, der etwa zehn Tage lang dauern sollte. Als ich feststellte, dass ich nicht so bald nach Italien zurückkehren konnte, wie ich erwartet hatte, suchte ich nach einem Gemeindehaus, damit ich am Sonntag zur Kirche gehen konnte.

Eines Mittags freundete ich mich mit einem jungen italienischen Ingenieur an, der wusste, wo es in Maracay ein Gemeindehaus gab. Er zeichnete mir den Weg auf. Ich hatte ein Auto zur Verfügung, aber leider hatte ich die ärztliche Untersuchung noch nicht vornehmen lassen, die erforderlich ar, um eine vorübergehende Fahrerlaubnis zu erhalten.

Ich war neu in der Gegend, konnte kaum Spanisch, und mehrere Leute hatten mir davon abgeraten, allein mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Ich stand vor einem Dilemma. Als der Ostersonntag herankam, hatte ich wirklich den Wunsch, vom Abendmahl zu nehmen, um meine Bündnisse zu erneuern. Wenn ich nicht mit dem Auto fuhr, wie konnte ich dann in Maracay die Kirche besuchen? Wenn ich aber mit dem Auto fuhr, riskierte ich es, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis angehalten zu werden.

Als ich meine Möglichkeiten betrachtete, kam mir der 12. Glaubensartikel in den Sinn: „Wir glauben, dass es recht ist, … dem Gesetz zu gehorchen, es zu achten und für es einzutreten.“ Ich wusste, dass ich mich an das Gesetz des Landes halten musste (siehe LuB 58:21) und nicht fahren sollte, selbst wenn das bedeutete, dass ich nicht zur Kirche gehen konnte.

Ein paar Tage später bezog ich ein anderes Hotel, in dem auch einige meiner Kollegen untergebracht waren. Am Samstagmorgen ging ich nach einem Spaziergang wieder zurück ins Hotel und dachte immer noch darüber nach, wie ich am nächsten Tag die Versammlungen besuchen konnte. Als ich an der Rezeption vorbeikam, sah ich zu meiner Überraschung ein Exemplar des Liahonas auf Spanisch.

„Wer ist denn hier Mitglied dieser Kirche?“, fragte ich. Jemand antwortete, die Zeitschrift gehöre einem Hotelmitarbeiter. Der Mann von der Rezeption ging zum Büro des Betreffenden und bat ihn zu mir. Wir unterhielten uns über die Kirche und dabei sagte mir dieser gute Bruder, dass es in La Victoria selbst eine Gemeinde gab. Das Gemeindehaus war nur einen kurzen Fußmarsch vom Hotel entfernt. Er sagte, er wolle sich gern am kommenden Morgen mit mir treffen und mich zur Kirche begleiten. Was für eine Freude!

Ich blieb schließlich noch zwei weitere Monate in La Victoria. In dieser Zeit nahm ich voll Freude an den Versammlungen und an Aktivitäten teil und entwickelte viele Freundschaften. Kurz nach Ostern bekam ich die offizielle Fahrerlaubnis und konnte auch die Pfahlkonferenz in Maracay besuchen.

Während meines Aufenthalts in Venezuela wurde mein Zeugnis davon gestärkt, dass es wichtig ist, die Gesetze des Landes zu befolgen – auch dann, wenn es unbequem ist. Außerdem empfing ich das Zeugnis, dass die Veröffentlichungen der Kirche ein wirksames Mittel sind, andere an den Segnungen des Herrn teilhaben zu lassen.