Generalkonferenz
Wunder, Engel und die Macht des Priestertums
Frühjahrs-Generalkonferenz 2024


Wunder, Engel und die Macht des Priestertums

Wenn Sie sich die Segnungen des Priestertums – dies schließt Wunder und den Dienst von Engeln ein – wünschen, dann schlagen Sie bitte den Weg der Bündnisse ein, den Gott zugänglich gemacht hat

Heutzutage sagen viele, es gebe keine Wunder mehr, Engel seien Fantasiewesen und die Himmel seien verschlossen. Ich bezeuge, dass Wundertaten nicht aufgehört haben, dass es unter uns Engel gibt und dass die Himmel wahrhaft offen sind.

Als unser Erretter Jesus Christus auf der Erde war, übertrug er Petrus, seinem leitenden Apostel, die Schlüssel des Priestertums.1 Mithilfe dieser Schlüssel führten Petrus und die anderen Apostel die Kirche des Erretters. Als diese Apostel jedoch starben, wurden die Schlüssel des Priestertums von der Erde genommen.

Ich bezeuge, dass die Schlüssel des Priestertums aus alter Zeit wiederhergestellt worden sind. Petrus, Jakobus und Johannes und weitere Propheten aus alter Zeit erschienen als auferstandene Wesen und übertrugen dem Propheten Joseph Smith, was der Herr als „Schlüssel meines Reiches und eine Evangeliumszeit“2 bezeichnete.

Dieselben Schlüssel werden bis zum heutigen Tag von Prophet zu Prophet weitergegeben. Die 15 Männer, die wir als Propheten, Seher und Offenbarer bestätigen, nutzen sie, um die Kirche des Erretters zu führen. So wie vor alters hat der dienstälteste Apostel sämtliche Priestertumsschlüssel inne und ist bevollmächtigt, sie anzuwenden. Dieser ist Präsident Russell M. Nelson, Prophet und Präsident der wiederhergestellten Kirche Christi in unserer Zeit – der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

Durch die Kirche des Erretters empfangen wir die Segnungen des Priestertums – was die Macht Gottes einschließt, uns in unserem Leben zu helfen. Unter der Leitung bevollmächtigter Inhaber von Priestertumsschlüsseln geben wir Gott heilige Versprechen und empfangen heilige Verordnungen, die uns darauf vorbereiten, in seiner Gegenwart zu leben. Beginnend mit der Taufe und der Konfirmierung – später dann im Tempel – gehen wir auf einem Weg der Bündnisse voran, der uns zu ihm zurückführt.

Wir bekommen auch die Hände aufgelegt und empfangen Priestertumssegen, die uns zum Beispiel Führung, Trost, Rat, Heilung oder auch die Kraft, Jesus Christus nachzufolgen, zuteilwerden lassen. Mein ganzes Leben lang bin ich durch diese wunderbare Macht gesegnet gewesen. Wir bezeichnen sie – entsprechend Offenbarung in den heiligen Schriften – als die Macht des heiligen Melchisedekischen Priestertums.3

In meiner Jugend erlangte ich vor allem deswegen große Achtung vor dieser Macht, weil sie sich in den Priestertumssegen zeigte. Als ich als junger Missionar in Chile tätig war, wurden mein Mitarbeiter und ich verhaftet und alsbald getrennt. Die Gründe wurden uns nie genannt. Es war eine Zeit großer politischer Umbrüche. Tausende wurden von der Militärpolizei festgenommen und man sah sie nie wieder.

Nach dem Verhör saß ich allein in einer Gefängniszelle, ohne zu wissen, ob ich meine Familie jemals wiedersehen würde. Ich wandte mich an meinen Vater im Himmel und betete inständig: „Vater, mir wurde immer gesagt, dass du deine Missionare behütest. Bitte, Vater, ich bin nichts Besonderes, aber ich war gehorsam und brauche heute Abend deine Hilfe.“

Das Fundament dieser Hilfe war schon viele Jahre zuvor gelegt worden. Nach meiner Taufe wurde ich als Mitglied der Kirche bestätigt und mir wurde die Gabe des Heiligen Geistes übertragen. Als ich so ganz allein hinter Gittern saß und betete, kam der Heilige Geist sofort zu mir und tröstete mich. Er rief mir eine ganz besondere Stelle aus meinem Patriarchalischen Segen in Erinnerung – einer weiteren Segnung des Priestertums. Darin verhieß mir Gott, dass ich – wenn ich treu bleibe – im Tempel für Zeit und Ewigkeit an eine wunderschöne, tugendhafte und liebevolle Frau gesiegelt werde, wir Eltern kostbarer Söhne und Töchter werden und ich als Vater in Israel gesegnet und gepriesen werde.

Diese inspirierten Worte über meine Zukunft erfüllten mich mit tiefem Frieden. Ich wusste, dass sie von meinem Vater im Himmel stammten, der mich liebt und stets einhält, was er verheißt.4 In jenem Moment hatte ich die Gewissheit, dass ich freikommen und die Erfüllung dieser Verheißungen erleben werde.

Und tatsächlich: Ein gutes Jahr später segnete mich der Vater im Himmel mit einer wunderschönen, tugendhaften und liebevollen Frau. Lynette und ich wurden im Tempel aneinander gesiegelt. Wir wurden glückliche Eltern von sieben kostbaren Kindern – drei Söhnen und vier Töchtern. Ich wurde Vater – genau wie Gott es in dem Patriarchalischen Segen verheißen hatte, den ich als 17-Jähriger empfangen hatte.

„Darum, meine geliebten Brüder [und Schwestern]: Haben Wundertaten aufgehört, weil Christus in den Himmel aufgefahren ist? …

Nein; auch haben die Engel nicht aufgehört, den Menschenkindern zu dienen.“5

Ich bezeuge, dass wir – oft als direkte Folge der Macht des Priestertums – in unserem Leben immer wieder Wunder erleben und liebevolle Fürsorge empfangen. Manche Priestertumssegen erfüllen sich sofort – auf eine Weise, die wir erkennen und nachvollziehen können. Andere wiederum entfalten sich erst nach und nach und verwirklichen sich in diesem Leben nicht vollständig. Aber Gott hält ein, was er verheißt – und zwar immer. Das zeigt sich auch in dem folgenden Bericht aus unserer Familiengeschichte:

Mein Großvater väterlicherseits, Grant Reese Bowen, war ausgesprochen gläubig. Ich erinnere mich noch lebhaft daran, wie er davon erzählte, auf welche Weise er seinen Patriarchalischen Segen erhalten hatte. In seinem Tagebuch vermerkte er: „Der Patriarch verhieß mir die Gabe der Heilung. Er sagte: ‚Die Kranken sollen geheilt werden. Ja, unter deinen Händen sollen die Toten erweckt werden.‘“

Jahre später stapelte Großvater gerade Heu, als er die Eingebung hatte, er solle ins Haus zurückkehren. Auf dem Weg dorthin kam ihm sein Vater entgegen und überbrachte ihm die Nachricht: „Grant, deine Mutter ist gerade verstorben.“

Wieder zitiere ich aus Großvaters Tagebuch: „Ich blieb nicht stehen, sondern eilte ins Haus und lief auf die Veranda, wo sie auf einer Liege lag. Ich erkannte gleich, dass sie keinerlei Lebenszeichen mehr zeigte. Da dachte ich an meinen Patriarchalischen Segen und an die Verheißung, durch meinen Glauben würden Kranke geheilt und Tote erweckt – vorausgesetzt, ich würde Treue beweisen. Also legte ich ihr die Hände auf und sagte dem Herrn, wenn die Verheißung wahr sei, die er mir durch den Patriarchen gegeben hatte, dann möge er sie jetzt offenkundig machen und meine Mutter wieder zum Leben erwecken. Wenn er dies täte, so versprach ich ihm, würde ich nie damit zögern, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um sein Reich aufzubauen. Während ich betete, öffnete sie die Augen und sagte: ‚Grant, hilf mir auf. Ich war in der Geisterwelt, aber du hast mich zurückgerufen. Dies soll für dich und alle anderen in meiner Familie für immer als Zeugnis stehen.‘“

Präsident Russell M. Nelson hat uns aufgefordert, nach Wundern zu streben und sie zu erwarten.6 Ich bezeuge, dass dank der Wiederherstellung des Priestertums die Macht und die Vollmacht Gottes wieder auf der Erde sind. Durch Berufungen und Ratssitzungen können sich Männer und Frauen gleich welchen Alters am Werk des Priestertums beteiligen. Es ist ein von Engeln begleitetes Werk der Wunder. Es ist das Werk des Himmels und gereicht allen Kindern Gottes zum Segen.

1989 kehrte unsere damals siebenköpfige Familie einmal von einem Gemeindeausflug zurück. Es war schon spät. Lynette erwartete gerade unser sechstes Kind. Plötzlich hatte sie die starke Eingebung, sie solle sich anschnallen, denn das hatte sie vergessen. Kurz darauf bogen wir um eine Kurve und sahen, dass ein entgegenkommendes Auto auf unsere Fahrbahn geraten war. Die Tachonadel zeigte weit über 100 Stundenkilometer. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, zog ich das Lenkrad scharf zur Seite. Unser Kleinbus überschlug sich, schlingerte weiter, rutschte von der Straße und kam schließlich zum Stehen – mit der Beifahrerseite zuunterst.

Meiner Erinnerung zufolge hörte ich als Nächstes, wie Lynette sagte: „Shayne, wir müssen durch deine Tür ins Freie.“ Ich hing im Sicherheitsgurt, die Füße in der Luft. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich mich orientiert hatte. Wir halfen nun jedem der Kinder durch mein Fenster, das jetzt das Wagendach bildete, ins Freie. Die Kinder weinten und wussten gar nicht, wie ihnen geschehen war.

Plötzlich merkten wir, dass Emily – unsere 10-Jährige – fehlte. Wir riefen nach ihr, aber es kam keine Antwort. Andere Mitglieder der Gemeinde, die ebenfalls auf dem Heimweg waren und den Unfall mitangesehen hatten, suchten verzweifelt nach ihr. Es war stockdunkel. Als ich den Wagen ein weiteres Mal mit einer Taschenlampe absuchte, sah ich zu meinem Entsetzen, dass unsere kleine Emily unter der Karosserie eingeklemmt war. Verzweifelt rief ich: „Wir müssen den Bus anheben, um Emily zu befreien!“ Ich packte am Dach an und zog nach Kräften. Andere hoben mit an und trotz der wenigen Helfer gelang es wie durch ein Wunder, den Wagen von der leblos daliegenden Emily herunterzuheben und wieder auf die Räder zu stellen.

Emily atmete nicht. Ihr Gesicht war blau angelaufen. Ich sagte: „Wir müssen ihr einen Segen geben.“ Ein lieber Freund aus der Gemeinde kniete sich mit mir hin und mit der Vollmacht des Melchisedekischen Priestertums und im Namen Jesu Christi geboten wir ihr, sie möge leben. In diesem Moment atmete Emily tief und rasselnd ein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam endlich der Krankenwagen. Eilig wurde Emily ins Krankenhaus gebracht. Ihre Lunge war kollabiert und im Knie eine Sehne durchtrennt. Außerdem wurde befürchtet, sie könne aufgrund der unterbrochenen Sauerstoffversorgung Hirnschäden davongetragen haben. Emily lag eineinhalb Tage lang im Koma. Wir hörten nicht auf, für sie zu beten und zu fasten. Sie erholte sich schließlich wieder vollständig von dem Unfall. Heute hat Emily mit ihrem Mann Kevin sechs Kinder – alles Töchter.

Wie durch ein Wunder kamen alle anderen mit dem Schrecken davon. Das Baby unter Lynettes Herzen war Tyson. Auch er blieb verschont und kam im Februar des Folgejahres zur Welt. Acht Monate nach Erhalt seines irdischen Körpers kehrte Tyson zurück nach Hause zum Vater im Himmel. Er ist unser kleiner Schutzengel. Wir spüren seinen Einfluss in unserer Familie und freuen uns darauf, eines Tages wieder mit ihm vereint zu sein.7

Die Helfer, die den Kleinbus von Emily herunterhoben, stellten fest, dass der Wagen kaum Gewicht zu haben schien. Ich wusste, dass sich, um das Fahrzeug anzuheben, zu den irdischen Engeln himmlische Engel gesellt hatten. Ich weiß auch, dass Emily durch die Macht des heiligen Priestertums wieder zum Leben erweckt wurde.

Der Herr hat seinen Dienern diese Wahrheit offenbart: „Ich werde vor eurem Angesicht hergehen. Ich werde zu eurer rechten Hand sein und zu eurer linken, und mein Geist wird in eurem Herzen sein und meine Engel werden rings um euch sein, um euch zu stützen.“8

Ich bezeuge, dass „das Heilige Priestertum nach der Ordnung des Sohnes Gottes“9 – das Melchisedekische Priestertum – samt dessen Schlüsseln, Vollmacht und Macht in diesen Letzten Tagen auf der Erde wiederhergestellt worden ist. Ich weiß, dass sich zwar nicht alle Lebensumstände so entwickeln, wie wir es erhoffen und von Gott erbitten mögen, seine Wunder hingegen immer nach seinem Willen, seinem Zeitplan und dem Plan geschehen, den er für uns hat.

Wenn Sie sich die Segnungen des Priestertums – dies schließt Wunder und den Dienst von Engeln ein – wünschen, fordere ich Sie auf, den Weg der Bündnisse einzuschlagen, den Gott jedem von uns zugänglich gemacht hat. Mitglieder und Führer der Kirche, denen Sie am Herzen liegen, werden Ihnen helfen, den nächsten Schritt zu gehen.

Ich bezeuge, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, lebt und seine Kirche durch lebende Propheten führt, die Priestertumsschlüssel innehaben und sie anwenden. Den Heiligen Geist gibt es tatsächlich. Der Erretter gab sein Leben hin, auf dass er uns heilen, uns wiedergewinnen und uns nach Hause bringen kann.

Ich bezeuge, dass Wundertaten nicht aufgehört haben, dass es unter uns Engel gibt und dass die Himmel wahrhaft offen sind. Offener als wir ahnen! Im Namen Jesu Christi. Amen.