2022
Gottes Verheissungen wurden wahr, wenngleich anders als erwartet
August 2022


Stimmen aus vergangenen Zeiten

Gottes Verheissungen wurden wahr, wenngleich anders als erwartet

Zollikofen (RHS): In meinem Patriarchalischen Segen wurde mir verheissen, ich würde meine Frau kennenlernen, während ich an einer heiligen Stätte arbeitete. Ein halbes Jahr vor Missionsende konkretisierte sich diese Verheissung ganz unerwartet in einem Traum: Ich sah darin eine junge Frau, die ich schon bei unserem ersten Zusammentreffen als meine zukünftige Ehefrau erkennen sollte. Am Ende meiner Mission, im Entlassungsinterview, gab mir mein Missionspräsident dazu einen überraschenden Rat. Er empfahl mir, der Aufforderung unseres Propheten Spencer W. Kimball zu folgen und die Gründung einer Familie schon nach Missionsende anzustreben. Da ich meine Universitätsausbildung noch zur Gänze zu absolvieren und mein Erspartes während meiner Mission vollständig aufgebraucht hatte, schien mir dieser Rat völlig unausführbar.

So beschloss ich nach Missionsende im November 1982, der Einladung in Jakobus 1:5 zu folgen und in jedem Abendgebet meinen Vater im Himmel zu fragen, was er von mir in dieser Frage erwartete. Ich betete etwa eine Woche lang, als ich völlig unverhofft folgende Antwort erhielt: „Du wirst in deinen Ferien im nächsten Sommer deine Frau kennenlernen.“ Wirklich? Diese verblüffende Mitteilung verstand ich so, dass auch in meinem Fall Ehe und Familie schon vor meinem Studienabschluss eine segensreiche Aufgabe und machbar sein würden.

So begann ich, für den nächsten Sommer Ferien zu planen, damit ich meine zukünftige Frau wie verheissen an „heiliger Stätte“ kennenlernen könnte. Mein Plan umfasste vollzeitiges Studium bis Ende Juni 1983, dann vier Wochen Ferialarbeit (auch um Geld für die Sommerferien zu haben), gefolgt von Ferien im August, um meine Frau kennenzulernen. Mein Plan sollte nicht aufgehen – doch trotzdem sollte alles wie verheissen kommen.

Ich studierte wie geplant, wurde aber am Semesterende krank, sodass ich Ferialarbeitsstelle und Einkommen verlor. Ich hatte damit alles verloren, wovon ich meinte, es würde mir das Kennenlernen meiner Frau ermöglichen. Denn ohne Gesundheit gab es keine Arbeit, ohne Arbeit kein Geld, ohne Geld keine Sommerferien und ohne Ferien keine Erfüllung meiner Verheissung. Zumindest dachte ich so. Doch mein liebevoller Vater im Himmel hatte einen anderen Plan für mich und für diesen musste zuerst mein eigener Plan unmöglich werden.

Folgendes ereignete sich nach drei Wochen Krankheit ganz überraschend: Ein Freund unserer Verwandtschaft, in dessen Familie meine jüngere Schwester Andrea zu der Zeit gerade in Paris als Au-pair arbeitete, besuchte uns. Dabei fragte er, ob ich nicht mit ihm nach Paris fahren wolle. Diese – kostenlose! – Fahrt nach Paris wollte ich mir nicht entgehen lassen. Schliesslich würden mir so doch noch Sommerferien ermöglicht werden. Vielleicht war ja das romantische Paris für das Kennenlernen meiner zukünftigen Frau vorgesehen.

Obwohl ich dann unter den JAE dort viele beeindruckende Frauen kennenlernte, vermochte ich bei keiner – wie erhofft – die Erfüllung der Verheissung zu erleben. Nach einer Woche in Paris, am letzten Sonntagmorgen im Juli, gab es vor dem Besuch der Kirche eine grosse Überraschung. Es läutete. Horst, ein Wiener Freund unserer Familie und heute Ehemann von Andrea, stand vor der Tür. Bisher meinte ich, schon bald wieder nach Hause reisen zu müssen, doch nun erhielt ich von Horst das Angebot, mit ihm nach Zollikofen in die Schweiz zu fahren, um dort eine Ferienwoche mit Tempelbesuch anzuschliessen. Begeistert entschied ich mich für diese Option, auch aufgrund der Verheissung, ich würde meine Frau an heiliger Stätte finden. Was könnte mehr auf diese Ortsbeschreibung zutreffen als ein Tempel unseres Herrn?

So erfreute ich mich der – erneut kostenlosen – Fahrt zum Schweizer Tempel. Aber die Zeit beim Tempel verlief ähnlich frustrierend wie die in Paris: Beim heiligen Tempel hatte ich meine Frau nicht gefunden. Ich verstand den Himmel nicht mehr. Mein Interesse an Mädchen war jetzt gleich null.

Ich war schon bereit, für die Fahrt nach Hause in den Bus einzusteigen, als Horst nochmals mit einem Angebot auf mich zukam: Ich könnte – erneut kostenfrei – mit ihm nach Stuttgart-Böblingen zu einer JAE-Wochenendtagung fahren. Diesmal hatte ich kein Interesse mitzukommen. Allerdings wurde mir wenig später bewusst, dass mir eine Mitfahrt die Möglichkeit geben würde, meine älteste Schwester Ingrid wiederzusehen, die ich missionsbedingt schon lange nicht mehr besucht hatte und die in der Nähe des Tagungsorts lebte. So entschied ich mich in letzter Sekunde doch noch dafür, Horst zu begleiten.

Spät am Freitagabend kamen wir am Tagungsort an. Erst am Sonntagnachmittag würde ich Ingrid sehen können; so nahm ich an den Tagungsaktivitäten teil, in der Hoffnung, trotz meiner Enttäuschung die Stimmung der anderen Tagungsteilnehmenden nicht zu trüben. Am Samstag stand ein Tanzabend auf dem Programm. Stühle waren dazu rund um eine Fläche aufgestellt, in deren Mitte einige ihr Tanzbein schwangen. Was sollte nun aber ich tun, da mir überhaupt nicht nach Tanzen zumute war?

Ohne jedwede Erwartung für mich überlegte ich, wie ich das Beste aus dieser Zeit machen könnte. Dabei kam mir eine Idee. Immer wieder warteten Mädchen auf ihren nächsten Tanz. Diesen Mädchen wollte ich durch einen Tanz bei freundlichem Gespräch die Wartezeit etwas verkürzen. Überlegt, getan! Ich begann rechts im Kreis und bot einer nicht tanzenden jungen Frau nach der anderen einen Tanz an, bis ich fast am Ende der Runde auf eine junge, braungebrannte, dunkelhaarige Schweizerin traf. Nach nur wenigen Momenten spürte ich, dass ich an diesem heiligen (geheiligten!) Ort meine von Gott verheissene zukünftige Ehefrau Caroline gefunden hatte. Das war eine zutiefst beglückende Erfahrung!

Doch auch Caroline hatte zu diesem Zeitpunkt durch Inspiration gewusst, dass sie auf dieser Tagung im August ihrem zukünftigen Mann begegnen würde! Sobald wir mit dem Tanz begonnen hatten, wusste auch sie, dass ich derjenige war, den sie kennenlernen sollte.

Im Nachhinein war klar: Ich musste alles verlieren, damit ich zu dem von Gott für mich vorgesehenen Mädchen geführt werden konnte. Der Herr hat dies wundervoll möglich gemacht. Danke, gnädiger Gott, liebevoller Vater!

Die „andere Seite“ der Liebesgeschichte – erzählt von Schwester Gappmaier

In Vorbereitung auf eine Ausbildung zur Krankenschwester war es in meiner Jugend in der Schweiz notwendig, ein bis zwei Jahre in einem Altersheim oder Spital zu arbeiten. Darum entschied ich mich, nach meinem Sekundarschulabschluss ein Jahr in einem kleinen Altersheim zu arbeiten, das etwa 45 Kilometer von meinem Elternhaus entfernt in ländlichem Gebiet lag. Meine Arbeit war körperlich und geistig anstrengend. Jedes zweite Wochenende hatte ich Dienst, und Jugendaktivitäten waren aufgrund der grossen Distanz auch nicht mehr möglich. Das bewirkte eine emotionale Distanz zu meinen Freunden in der Kirche, die sich auch geistig auswirkte. Darum beschloss ich, zwecks Erholung nach diesem Jahr für sechs Monate meine älteste Schwester in Kalifornien zu besuchen und, um Englisch lernen zu können, bei einer Familie aus ihrer Gemeinde zu leben.

Einige Wochen vor dem Ende meiner Arbeit im Altersheim war an einem meiner Sonntage daheim unser Missionspräsident – ein sehr guter Kunde der damaligen Swissair, die gerade ein neues Flugzeug angeschafft hatte – in meinem Elternhaus zum Mittagessen. Er sass mir schräg gegenüber und fragte, was ich so machte und vorhätte. Als er erfuhr, dass ich in absehbarer Zeit nach Amerika zu fliegen plante, sagte er, mit dem Finger auf mich zeigend: „Wenn du am 14. April fliegst und innerhalb von drei Monaten wieder zurückkommst, kann ich dir ein Ticket Zürich – New York in der neusten Maschine der Swissair schenken!“ Während er sprach, hatte ich den Eindruck, dass es gut wäre, nach drei Monaten wieder hier zu sein, und das Gefühl, dass es dabei um meinen zukünftigen Mann gehe. Es war nicht so deutlich und klar, dass ich länger darüber nachgedacht oder darüber gesprochen hätte. Aufgrund meiner früheren Erfahrungen mit solchen Gefühlen änderte ich aber trotzdem meinen Plan und nutzte das geschenkte Flugticket auf beiden Wegen.

Der Tag meines Abflugs war drei Tage nach meinem letzten Arbeitstag. Es galt also, in kürzester Zeit alle meine Sachen wieder zuhause zu verstauen, zu einem Vorstellungsgespräch für die danach geplante Stelle in einem Spital am Genfersee zu gehen und alles für die Reise nach Kalifornien zu packen. Beim Vorstellungsgespräch fragte man mich, ab wann ich beginnen könnte. Ich nannte den ersten August, und während ich das sagte, hörte ich in mir eine Stimme, die sagte: „Das geht nicht, in dieser Zeit ist ja die Tagung, in der du deinen Mann kennenlernen sollst.“ Da ich eher schüchtern war, wagte ich nicht, meine Aussage abzuändern. Als etwa ein Monat später in Amerika die Information eintraf, dass ich die Stelle bekommen würde, aber erst am 1. September anfangen könnte, war ich deshalb gar nicht überrascht – obwohl jede Wahrscheinlichkeit gegen diesen späteren Arbeitsbeginn sprach, da es ja gerade in den Sommermonaten viel Ferienvertretungsarbeit durch Praktikantinnen wie mich brauchte.

Der August kam und mit ihm die wichtige Jugendtagung – ein Zeltlager in der Schweiz. Nach wenigen Tagen war für mich ganz klar, dass mein zukünftiger Mann nicht dabei war. Im Tagebucheintrag am Mittwochabend schrieb ich: „Es ist komisch, dass mein Mann nicht hier ist, denn wenn ich bisher so ein Gefühl hatte, hat es sich immer erfüllt.“ Am Donnerstag sprach die Lagerleitung plötzlich davon, dass wir am Freitag die Zelte abbrechen müssten. Da ich darüber verwundert war, klärte man mich auf, dass das Ende der Schweizer Tagung eine überregionale Tagung in Böblingen sein würde. Surprise! Also packten wir unsere Siebensachen zusammen und fuhren am nächsten Tag mit Bussen und einer ganzen Schar weiterer junger Erwachsener nach Böblingen. Da dort so viel los war, dachte ich überhaupt nicht an die Möglichkeit, hier meinen zukünftigen Mann kennenzulernen – bis er mich zum Tanzen aufforderte. Wir hatten kaum damit begonnen, als ich wusste, dass das der Mann ist, den ich kennenlernen sollte. Seit dem Moment hat er mein Leben reich gesegnet und ich bin ewig dankbar für einen himmlischen Vater, der solche Wunder für uns vollbringt!