2003
John Taylor, Verteidiger der Wahrheit
Januar 2003


John Taylor, Verteidiger der Wahrheit

John Taylor, der dritte Präsident der Kirche, blieb in seinem Zeugnis vom Propheten Joseph Smith unerschütterlich und führte die Kirche durch besonders schwere Zeiten hindurch.

John Taylor wurde am 1. November 1808 in Milnthorpe geboren, einer Kleinstadt im Kreis Westmoreland in England. Seine Eltern, James und Agnes Taylor, hatten zehn Kinder. John war ihr zweiter Sohn. Sie lasen mit ihrer großen Kinderschar in der Bibel und beteten. „Der junge John Taylor hatte ein Gefühl für den Geist Gottes. … Dieser Geist tat sich häufig kund – er erweiterte ihm nicht nur den Sinn, so dass er Lehren und Grundsätze verstand, sondern schenkte ihm auch Träume und Visionen. … Als Junge hatte er einen Traum. Er sah in einer Vision einen Engel am Himmel, der eine Posaune blies und den Völkern eine Botschaft verkündete. Was diese Vision bedeutete, verstand er erst später.“1

Mit 16 Jahren trat er aus der Kirche von England aus und wurde später Laienprediger bei den Methodisten. Als er einmal mit einem Mitglied seiner Gemeinde auf dem Weg zu einer Verabredung war, blieb er mitten auf der Straße stehen und sagte: „Ich habe ganz stark das Gefühl, dass ich nach Amerika gehen muss, um das Evangelium zu verkünden!“2Diese Eingebung vergaß er nie wieder.

Als John Taylor 1832 England dann tatsächlich verließ, reiste er nach Kanada, wo seine Angehörigen lebten, die 1830 ausgewandert waren. Dort lernte er Leonora Cannon kennen und heiratete sie. Ebenfalls in Kanada lernte er auch einen Missionar namens Parley P. Pratt kennen, einen Apostel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

In der Methodistengemeinde, wo Elder Pratt predigte, hörten ihm viele begeistert zu, bis er über den Propheten Joseph Smith und die goldenen Platten sprach. Von da an weigerten sich einige Männer strikt, ihm weiter zuzuhören. John Taylor aber ermahnte sie: „Wir sind doch angeblich hier, weil wir nach der Wahrheit suchen. Bisher haben wir andere Glaubensbekenntnisse und Lehren gründlich untersucht und bewiesen, dass sie falsch waren. Warum sollten wir uns davor fürchten, den Mormonismus zu untersuchen? Dieser Herr, Mr. Pratt, hat uns viele Lehren gebracht, die unseren Ansichten entsprechen. … Wir haben Gott gebeten, uns einen Boten zu senden, wenn er auf der Erde eine wahre Kirche hat. … Wenn ich feststelle, dass seine Religion wahr ist, werde ich sie annehmen, wie die Folgen auch aussehen mögen.“3

John Taylor befasste sich weiterhin mit dem Evangelium und ließ sich am 9. Mai 1836 zusammen mit seiner Frau taufen. Später sagte Präsident Taylor darüber: „Als ich dann das Thema untersucht hatte und überzeugt war, dass es wahr ist, sagte ich: ‚Ich bin dabei; ich muss es annehmen, ich kann die Grundsätze der ewigen Wahrheit nicht ablehnen.‘“4

Verteidiger der Wahrheit

Wahrheit, ewige Wahrheit, ist die Grundlage der Hoffnung eines Christen.5

Zwei Jahre diente John Taylor als präsidierender Beamter der Kirche in Kanada. Im März 1837 reiste er nach Kirtland in den Vereinigten Staaten, um den Propheten Joseph Smith kennen zu lernen. Damals litt die Kirche unter heftiger Verfolgung, und selbst einige der Apostel waren auf dem Weg zum Abfall vom Glauben. Elder Pratt ließ John Taylor gegenüber einige kritische Bemerkungen zum Propheten Joseph Smith fallen, auf die Elder Taylor Folgendes antwortete: „Es überrascht mich, dich so reden zu hören, Bruder Parley. Bevor du Kanada verlassen hast, hast du ein starkes Zeugnis von Joseph Smith als dem Propheten Gottes … gegeben. … Nun, Bruder Parley, ich folge keinem Menschen, sondern dem Herrn. Die Grundsätze, die du mich gelehrt hast, haben mich zu ihm geführt, und ich habe jetzt das gleiche Zeugnis, wie du es damals hattest. Wenn das Werk vor sechs Monaten wahr war, dann ist es das auch heute noch; wenn Joseph Smith damals ein Prophet war, ist er auch heute noch ein Prophet.”6

Am 19. Dezember 1838 wurde John Taylor im Alter von 30 Jahren in Far West in Missouri zum Apostel ordiniert. Elder Brigham Young und Elder Heber C. Kimball vollzogen die Ordinierung auf Weisung des Propheten Joseph Smith, der sich in Liberty im Gefängnis befand.

Verfechter der Freiheit

Wir haben ein Recht auf Freiheit – denn Gott hat allen Menschen dieses Recht geschenkt.7

Einmal sollte Elder Taylor bei Columbus in Ohio vor einer großen Menschenmenge sprechen. Kurz vor der Versammlung hörten einige Brüder zufällig, dass mehrere Männer Elder Taylor teeren und federn wollten.

Unerschrocken trat Elder Taylor vor die versammelten Menschen hin und begann seine Ansprache mit der folgenden Bemerkung:

„Ich befinde mich hier unter den Söhnen… großartiger Männer, die sich nicht dem Joch des Tyrannen beugen wollten, sondern mit ihrem Leben, ihrem Besitz und ihrer heiligen Ehre gegen ihn gekämpft haben, um selbst Freiheit zu erringen und diese Freiheit an ihre Kinder weiterzugeben. Lieber wären sie bei diesem Kampf gestorben. …

Ich habe erfahren, dass ihr vorhabt, mich zu teeren und zu federn, und zwar wegen meiner religiösen Ansichten. Ist das das Erbe, das ihr von euren Vätern übernommen habt? Ist das der Segen, den sie mit ihrem kostbaren Herzblut erkauft haben – eure Freiheit?“

Damit riss er sich die Weste auf und sagte: „Meine Herren, kommt her mit eurem Teer und euren Federn, euer Opfer ist bereit.“8

Die Zuhörer waren still; niemand bewegte sich. Elder Taylor hielt einen Moment inne und predigte dann fast drei Stunden lang eindrucksvoll weiter.

Auf Mission

Die [Missionare] gehen als Engel der Barmherzigkeit hinaus und verbreiten den kostbaren Samen des Evangeliums.9

Nachdem Elder Taylor einmal das wiederhergestellte Evangelium angenommen hatte, war er eifrig darauf bedacht, andere Menschen daran teilhaben zu lassen. Er ging mehrmals auf Mission, und zwar zwischen 1839 und 1857 insgesamt 87 Monate lang. Dabei vertraute er darauf, dass der Herr für seine Familie sorgen werde, die sich, wenn er sie verließ, häufig in einer schwierigen Lage befand.

Mit 31 Jahren ging Elder Taylor zum ersten Mal auf Mission, und zwar nach England. Er verkündete das Evangelium als erster Missionar in Irland und auf der Isle of Man. Außerdem arbeitete er an der Veröffentlichung der ersten Ausgabe des Buches Mormon außerhalb der Vereinigten Staaten mit.

Als er von seiner ersten Mission in England wieder nach Hause zurückkehrte, war seine Frau, Leonora, schwer erkrankt. Elder Taylor rief die Ältesten und salbte und segnete Leonora. Aufgrund ihres gemeinsamen Glaubens und ihrer Gebete wurde sie wieder gesund.

Es bedrückte Elder Taylor sehr, dass seine Familie so leiden musste. Doch irgendwie hatte es den Anschein, je schwieriger die Lage wurde, desto beharrlicher ging Elder Taylor daran, das Evangelium zu verbreiten. Er sagte: „Ich selbst bin schon hunderttausende Meilen gereist, um das Evangelium zu verkünden; ohne Beutel oder Tasche, im Vertrauen auf den Herrn. Hat er mich je verlassen? Nein, niemals. Es wurde immer für mich gesorgt, wofür ich Gott, meinen himmlischen Vater, lobpreise.”10

Zwischen seinen Missionen arbeitete Elder Taylor als Mitherausgeber der Zeitschrift Times and Seasons, der damaligen Hauptveröffentlichung der Kirche. Nach einem Jahr wurde er zum Herausgeber bestellt und blieb es auch bis 1846, als die Mitglieder aus Nauvoo vertrieben wurden. Seine journalistische Begabung erwies sich als Segen für die Mitglieder. Er wurde auch Herausgeber einer weiteren Zeitung namens Nauvoo Neighbor, in der über Kunst, Wissenschaft, Religion und aktuelle Tagesnachrichten aus Nauvoo berichtet wurde.

Aber es war nicht alles wohl in Nauvoo, obwohl es den Mitgliedern dort sehr gut ging. Die Verfolgung wurde immer intensiver, und der Prophet Joseph Smith wurde beschuldigt, an dem versuchten Attentat auf Lilburn W. Boggs, den früheren Gouverneur von Missouri, beteiligt gewesen zu sein. Elder Taylors Loyalität dem Propheten gegenüber geriet aber nie ins Wanken; er unterstützte ihn durch Leitartikel in den Zeitungen, die er herausgab. Trotzdem säten der Pöbel und abgefallene Mitglieder Hass im Herzen der Bewohner Missouris.

Der Märtyrertod

Der Seher, der Seher, Joseph, der Seher!

Ich singe von unserem Propheten.11

Am 27. Juni 1844 befanden sich Elder Taylor, Elder Willard Richards, der ebenfalls dem Kollegium der Zwölf Apostel angehörte, der Prophet Joseph Smith und Hyrum Smith, der Bruder des Propheten, im Gefängnis von Carthage, wo sie die Ankunft des Gouverneurs erwarteten. Während die vier Freunde im Gefängnis warteten, sang Elder Taylor das Lied „Ein armer Wandrer“. Die Stimmung war gedrückt und von Traurigkeit geprägt. „Kurz darauf bat Hyrum ihn erneut, das Lied noch einmal zu singen, worauf Elder Taylor zur Antwort gab:

„,Bruder Hyrum, mir ist nicht nach Singen zumute.‘

‚Macht euch nichts daraus. Fangt einfach an zu singen; dann werdet ihr schon mitgerissen.‘

Kaum hatte er das Lied zum zweiten Mal zu Ende gesungen, sah er – er saß inzwischen an einem der Gefängnisfenster – mehrere Männer, die sich das Gesicht geschwärzt hatten. … Der Pöbel machte auf dem Treppenabsatz vor der Tür Halt, und weil die Männer meinten, die Tür sei verschlossen, gaben sie einen Schuss durch das Schlüsselloch ab. Hyrum Smith und Doktor Richards sprangen zurück. Da peitschte ein weiterer Schuss durch die Tür und traf Hyrum im Gesicht; fast gleichzeitig drang eine Kugel … in seinen Rücken ein. Er fiel zu Boden und rief: ‚Ich bin ein toter Mann!‘ …

Elder Taylor nahm Hyrum Smiths Platz an der Tür ein und lenkte die Gewehrkolben, die durch die Tür gesteckt und abgefeuert wurden, mit einem massiven Spazierstock ab. …

Flammen so dick wie ein menschlicher Arm schossen aus den zahllosen abgefeuerten Gewehren an der Tür, doch Elder Taylor schlug die Läufe dieser mörderischen Gewehre ruhig, kräftig und entschlossen nach unten.

‚So ist es recht, Bruder Taylor, wehre sie ab, so gut du kannst‘, rief der Prophet Joseph Smith, der hinter ihm stand.“

Doch als die Schießerei nicht nachließ und sich immer mehr Männer die Treppe hoch drängten, sprang Elder Taylor auf das offene Fenster zu.

„Er wollte gerade hinausspringen, da traf ihn vom Flur aus eine Kugel in den linken Oberschenkel. Einen Augenblick lang lag er hilflos auf dem Fensterbrett und wäre beinahe hinausgefallen, aber da traf eine Kugel von draußen die Uhr in seiner Brusttasche und er wurde ins Zimmer zurückgeworfen. … Dort kroch er, so schnell es seine Verletzungen zuließen, unter das Bett, das in der Nähe des Fensters stand.

Dabei wurde er noch dreimal getroffen. Eine Kugel traf ihn direkt unter dem linken Knie; sie wurde nie entfernt. Eine andere traf ihn in der linken Hüfte und riss einen handtellergroßen Fetzen Fleisch heraus. Blut und Hautfetzen spritzten an die Wand. Eine weitere Kugel drang kurz über dem Handgelenk in seinen linken Arm ein und blieb dann in der linken Handfläche stecken.

Während er unter Schmerzen dalag, hörte er den Pöbel schreien, der Prophet sei aus dem Fenster gesprungen.

Dr. Richards… bestätigte seine schlimmsten Vermutungen – der Prophet war tot!

‚Als ich das hörte‘, sagte Elder Taylor später, ‚spürte ich ein trübes Gefühl der Einsamkeit, das mir Übelkeit verursachte.‘“12

Mehrere Tage später entdeckte Elder Taylor, dass ein Schuss, der auf sein Herz gerichtet gewesen war, das Glas seiner Taschenuhr durchschlagen und so verhindert hatte, dass er aus dem Gefängnisfenster gefallen war. Er sagte: „Ich spürte, dass der Herr mich durch einen besonderen Gnadenakt bewahrt hatte, dass meine Zeit noch nicht gekommen war und dass ich hier auf der Erde noch eine Aufgabe zu erfüllen hatte.“13

In seiner Eigenschaft als Zeuge des Märtyrertodes verfasste Elder Taylor einen eindrucksvollen, beredten Artikel, der heute den 135. Abschnitt des Buches Lehre und Bündnisse bildet: „Joseph Smith, der Prophet und Seher des Herrn, hat mehr für die Errettung der Menschen in dieser Welt getan als irgendein anderer Mensch, der je auf Erden gelebt hat – Jesus allein ausgenommen.“ (Vers 3.)

Prüfungen und Bedrängnisse

Wir haben durch Leiden vieles gelernt. Wir nennen es Leiden. Ich nenne es eine Schule der Erfahrung.14

Schon bald waren die Mitglieder gezwungen, Nauvoo zu verlassen. Elder Taylor und seine Familie kamen am 5. Oktober 1847 gemeinsam mit einer Gruppe Pioniere in Salt Lake City an. Im darauf folgenden August brachten die Mitglieder – nach dem Einfall der Heuschrecken – eine überreiche Ernte ein. Bei all diesem Pflanzen und Ernten und Bauen „schöpften viele aus [John Taylors] Stärke Kraft. Wenn sich Verzweiflung in der Kolonie ausbreitete, verströmte er Hoffnung; wenn die Schwachen wankend wurden, stärkte er sie; wenn die Ängstlichen zitterten, machte er ihnen Mut; er tröstete diejenigen, die von Kummer niedergedrückt waren, und baute sie auf.“15Auf seine Kraft war immer Verlass, wenn es darum ging, den Mitgliedern Auftrieb zu geben.

Mit 71 Jahren wurde John Taylor Präsident der Kirche. Am 10. Oktober 1880, also an dem Tag, als er als Präsident bestätigt wurde, sprach er über seine Einstellung zu Prüfungen:

„Was mich betrifft, so sage ich: Man muss alles so kommen lassen, wie Gott es bestimmt hat. …

Ich habe oft gedacht: Wenn ich der Herr wäre, dann würde ich nicht zulassen, dass die Leute so geprüft werden, wie es der Fall ist. Aber ich habe meine Meinung dazu inzwischen geändert. Heute meine ich, … dass damit Gemeinheit und Verderbtheit ausgetrieben werden, die sich bei den Mitgliedern breit machen wie Fliegen am Honigtopf.“16

Lauterkeit und Charakter

Ich liebe dich wegen deiner Lauterkeit in der Sache Zions.17

Ein weiterer Punkt, in dem sich Präsident Taylor durch Standhaftigkeit auszeichnete, war seine Ehrlichkeit. Auf ihn konnten sich die Mitglieder immer verlassen.

Präsident Heber J. Grant (1856–1945), der siebte Präsident der Kirche, hat erzählt, wie Präsident Taylor einen Streit zwischen zwei Freunden beilegte:

„Die beiden hatten sich in geschäftlichen Angelegenheiten gestritten und kamen schließlich überein, Präsident John Taylor zu bitten, er möge ihnen helfen, ihre Differenzen zu bereinigen. …

Sie… fragten [Präsident Taylor], ob er ihnen zuhören und dann sagen werde, wie er entscheiden würde. Damit war Präsident Taylor gerne einverstanden. Aber er sagte auch: ‚Brüder, ehe ich mir Ihren Fall anhöre, möchte ich Ihnen gerne eines der Zionslieder vortragen.‘

Präsident Taylor war nun ein sehr talentierter Sänger, der unsere heiligen Lieder mit herrlicher Stimme und großer Inbrunst vortragen konnte. Er sang den beiden Brüdern also ein Lied vor. Als er sah, was für eine Wirkung dieses Liedes hatte, sagte er, er habe noch nie nur eins der Zionslieder gehört und wolle nun noch ein weiteres hören. Sie sollten ihm also bitte zuhören, während er ein weiteres Lied vortrug. Natürlich waren sie damit einverstanden. Es schien den beiden sogar Spaß zu machen. Nachdem Präsident Taylor das zweite Lied gesungen hatte, meinte er, er habe einmal gehört, aller guten Dinge seien drei, und deshalb wolle er – ihr Einverständnis vorausgesetzt – gerne noch ein weiteres Lied singen. Dies tat er auch. Dann sagte er in seiner humorvollen Art: ‚Nun, Brüder, ich will Sie nicht überstrapazieren, aber vielleicht vergeben Sie mir, wenn ich Sie bitte, sich noch ein weiteres Lied anzuhören. Danach höre ich auch bestimmt auf zu singen und Sie können mir Ihren Fall vortragen.‘

Es heißt, als Präsident Taylor das vierte Lied zu Ende gesungen hatte, waren die Brüder in Tränen aufgelöst, erhoben sich, reichten einander die Hand und baten Präsident Taylor, ihnen zu vergeben, dass sie ihn behelligt und ihm die Zeit gestohlen hatten. Dann gingen sie davon, ohne ihm überhaupt gesagt zu haben, weshalb sie sich gestritten hatten.“18

Seine Rolle als Vater

Wir Eltern wollen unsere Kinder in der Gottesfurcht erziehen und sie die Gesetze des Lebens lehren.19

Einer von Präsident Taylors Söhnen namens Moses W. hat von seinen Erinnerungen an seinen Vater erzählt und damit ein Bild seines Charakters gezeichnet. Er schrieb:

„Wenn wir im Herbst das Obst einsammelten, kam Vater immer und inspizierte die Körbe und wählte die größten und besten Früchte aus und sagte:

‚Nehmt hiervon den Zehnten und achtet darauf, dass es der volle Zehnte ist.‘

Wenn er Bäume pflanzte, achtete er sorgfältig darauf, dass die Reihen gerade waren. Jeder Baum musste schnurgerade gewachsen sein. Wenn wir den Wurzelballen mit Erde bedeckten, wies er uns an, auch auf die kleinsten Fasern zu achten und jede an die richtige Stelle zu legen. Dabei pflegte er zu sagen:

‚Achtet auf die kleinen Wurzeln; die großen helfen sich schon selbst.‘

Als ich mein Zuhause zum ersten Mal verließ, rief Vater mich zu sich und gab mir den folgenden Rat:

‚Tu das, was recht ist. Lebe nach deiner Religion; dann werden dich sowohl die Schlechten als auch die Guten dafür respektieren.‘

Mehr sagte er nicht, aber diese wenigen Worte machten einen so großen Eindruck auf mich, dass sie mich oft davor bewahrten, der Versuchung nachzugeben. Außerdem pflegte er noch zu sagen:

‚Bewahre dir hohe Maßstäbe und lebe immer so, dass die anderen sehen können, dass du dich auf einer hohen Ebene befindest.‘

Er hatte den großen Wunsch, dass seine Kinder sich im Einflussbereich der Familie aufhielten, und legte deshalb Spielplätze für uns an. Selbst als er schon über siebzig war, spielte er noch mit den Kindern. …

Seine Kinder hatten so große Achtung vor ihm, dass es ihr sehnlichster Wunsch war, ihm zu gefallen.“20

Prophet, Seher und Offenbarer

Wenn ein Mann im Namen des Gottes Israels ausgeht, dann gibt es keine Macht auf der Erde, die die Wahrheiten verkehren könnte, die er verkündet.21

Als Präsident Brigham Young 1877 starb, führte das Kollegium der Zwölf Apostel die Kirche, bis Präsident Taylor 1880 als Präsident der Kirche bestätigt wurde. In diesem Jahr wurde die Köstliche Perle in den Kanon der heiligen Schriften aufgenommen. Außerdem wurde eine neue Ausgabe von Lehre und Bündnisse mit 27 neuen Abschnitten veröffentlicht.

Präsident Taylor betätigte sich auch weiterhin als Autor und schrieb 1882 das Buch The Mediation and Atonement („Die Vermittlung durch Jesus Christus und sein Sühnopfer“; Anm.d.Üb.). Über die Bedeutung dieses Themas sagte er: „Da wir uns nun der großen Segnungen und Rechte, der Macht und Erhöhung, die durch das Sühnopfer Jesu Christi in der Reichweite der Menschen liegen, bewusst geworden sind, haben wir als Nächstes die Pflicht, nachzufragen, was von einem Menschen erwartet wird, damit er sie besitzen kann.”22

1885 hielt Präsident Taylor seine letzte öffentliche Ansprache. Aufgrund des Gesetzes gegen die Mehrehe, das 1882 erlassen wurde, musste Präsident Taylor ins Exil. Er starb am 25. Juli 1887 in Kaysville, Utah.

Als die traurige Nachricht von Präsident Taylors Tod öffentlich bekannt gegeben wurde, schrieben seine Ratgeber in der Zeitung Deseret News:

„Standhaft und unverrückbar in der Wahrheit – es hat nur wenige Menschen gegeben, die solche Lauterkeit, solche kompromisslose sittliche Einstellung und solchen Mut unter Beweis gestellt haben wie unser geliebter Präsident, der gerade von uns gegangen ist. Was das Gotteswerk angeht, da kannte er keine Furcht. … Er hat sich jeder Aufgabe direkt, unerschrocken und auf solche Weise gestellt, dass er die Bewunderung aller auf sich zog, die ihn hörten und sahen. Er zeichnete sich vor allem durch unwandelbaren Mut und unnachgiebige Entschlossenheit aus und unterschied sich dadurch von anderen Menschen. …

Und obwohl er nun nicht mehr unter uns weilt, bleibt sein Einfluss doch weiterhin zu spüren. Ein solcher Mann geht von diesem Leben in das nächste über, aber die Liebe, die in seinem Herzen für Rechtschaffenheit und Wahrheit pulsiert, kann nicht sterben.“23

Karla C. Erickson gehört zur Gemeinde Mueller Park 8, Pfahl Mueller Park, Bountiful, Utah.

Anmerkungen

  1. B. H. Roberts, Life of John Taylor, 1963, Seite 27f.

  2. Life of John Taylor, Seite 28.

  3. Lehren der Präsidenten der Kirche: John Taylor, Seite 209f.

  4. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 215.

  5. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 213.

  6. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 77. Elder Pratt änderte seine Meinung und blieb der Kirche treu.

  7. Deseret News, 26. April 1882.

  8. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 221.

  9. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 74.

  10. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 74.

  11. John Taylor, The Gospel Kingdom, Hg. G. Homer Durham, 1943, Seite 386.

  12. Life of John Taylor, Seite 137ff.

  13. Life of John Taylor, Seite 150.

  14. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 203.

  15. Life of John Taylor, Seite 199.

  16. Gospel Kingdom, Seite 332f.

  17. Generalkonferenz, April 1906.

  18. „Songs of the Heart“, Improvement Era, September 1940, Seite 522.

  19. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 196.

  20. „Stories and Counsel of President Taylor“, Young Woman’s Journal, Mai 1905, Seite 218f.

  21. Gospel Kingdom, Seite 242.

  22. Lehren der Präsidenten der Kirche, Seite 53.

  23. Life of John Taylor, Seite 410f., 415f.\