2004
Du sitzt am Steuer
Juni 2004


Du sitzt am Steuer

Vor einigen Jahren war ich in einem großen Autohaus und schaute mir viele neue Autos an. Eines zog meine Aufmerksamkeit besonders auf sich: ein Sportkabrio mit allen Extras, die man sich nur vorstellen kann. Alles ließ sich per Knopfdruck bedienen und der Wagen hatte mehr Pferdestärken als eine Kavallerie-Division. Wie gerne hätte ich so ein Auto gehabt, als ich noch zur Highschool ging! Mir kam der Gedanke, dass ihr, die ihr jetzt in diesem Alter seid, vielleicht Interesse an so einem Wagen haben könntet.

Wenn man seinen Schatz verleiht

Wollen wir uns zusammen einmal etwas vorstellen? Stell dir vor, dass ich beschlossen habe, einem ganz normalen Teenager so ein Auto zu schenken, und du bist der glückliche Empfänger. Am Abend der Übergabe stelle ich fest, dass du dir so ein Auto eigentlich gar nicht leisten kannst, also gebe ich dir auch noch großzügig Benzin, Öl, Wartung, Reifen und alles andere, was du für den Wagen so brauchst, dazu. All das schenke ich dir, die Rechnungen gehen alle an meine Adresse.

Wie viel Freude wirst du doch an diesem Auto haben! Stell dir vor, wie du morgen damit zur Schule fährst. Stell dir vor, wie viele neue Freunde du auf einmal haben wirst.

Deine Eltern haben vielleicht Bedenken, dich diesen Wagen so ohne Weiteres fahren zu lassen, also spreche ich mit ihnen. Sie werden sicherlich Vorbehalte äußern, aber da ich ein Führer der Kirche bin, werden sie einwilligen.

Stellen wir uns weiter vor, du hast deinen Wagen und alles, was du dafür brauchst, und kannst frei darüber verfügen.

Angenommen, du bist an einem Abend zu einer Veranstaltung in der Kirche eingeladen. „Ihr passt alle in meinen Kombi“, meint dein Lehrer. „Du kannst dein Auto zu Hause lassen.“ Dann kommen sie dich abholen, und plötzlich fällt dir ein, dass du dein neues Kabrio mit offenem Verdeck vor dem Haus geparkt hast. Du läufst zurück ins Haus, gibst deinem Vater die Autoschlüssel und bittest ihn, den Wagen in die Garage zu fahren, denn es sieht so aus, als würde es bald regnen. Natürlich nimmt dein Vater diesen Auftrag gehorsam an.

Später kommst du wieder nach Hause und siehst, dass dein Auto nicht mehr am Straßenrand steht. „Guter alter Vater“, denkst du, „immer bereit, mir zu helfen“. Doch als der Kombi auf das Grundstück fährt und die Scheinwerfer die Garage erhellen, siehst du, dass sie leer ist.

Du rennst ins Haus, suchst deinen Vater und fragst, wo dein Auto ist.

„Ach, das habe ich jemandem geliehen“, gibt er zur Antwort.

Stell dir jetzt etwa folgendes Gespräch vor:

„Wem denn?“, fragst du.

„Ach, dem Jungen, der hier immer mal wieder vorbeikommt“, meint Vater.

„Welcher Junge?“

„Ach, der … na ja, ich hab ihn ein paar Mal mit dem Fahrrad hier vorbeifahren sehen.“

„Wie heißt er?“

„Tja, ich fürchte, danach habe ich gar nicht gefragt.“

„Wohin wollte er mit dem Auto fahren?“

„Das hat er auch nicht so genau gesagt.“

„Wann bringt er es denn wieder zurück?“

„Na ja, das haben wir nicht so richtig abgesprochen.“

Stell dir vor, dein Vater würde nun etwas ungeduldig zu dir sagen: „Jetzt beruhige dich mal. Er kam ganz plötzlich vorbei. Er brauchte ein Auto. Du hast es nicht gebraucht. Er schien wegen irgendetwas sehr in Eile zu sein und sah vertrauenswürdig aus, also habe ich ihm die Schlüssel gegeben. Entspann dich. Geh schlafen. Beruhige dich.“

Vermutlich würdest du deinen Vater in einer solchen Situation völlig fassungslos anschauen und dich fragen, ob es in seinem Denkapparat vielleicht einen Wackelkontakt gibt.

Nur ein törichter Vater würde so einen teuren Gegenstand unter derartigen Umständen verleihen – vor allem, wenn er dir gehört.

Eltern verleihen ihren Schatz

Vermutlich könnt ihr jungen Leute euch schon denken, was ich mit diesem Beispiel sagen will. In diesen Jahren beginnt ihr, miteinander auszugehen. Zwei Elternpaare verleihen ihre Kinder aneinander, denn das ist erforderlich und dient dem wichtigen Zweck, dass sie reifer werden und irgendwann einmal heiraten. Vielleicht fällt es dir zum ersten Mal auf und du ärgerst dich, dass deine Eltern sich dafür interessieren, was du unternimmst, und dass sie die Übersicht behalten wollen.

Verabredungen führen zur Eheschließung. Die Ehe ist ein heiliger religiöser Bund und in ihrer höchsten Form kann sie ein ewiger Bund sein. Jegliche Vorbereitungen auf die Ehe, seien sie persönlicher oder gesellschaftlicher Natur, sind für uns als Mitglieder der Kirche von Interesse.

Wenn du alt genug für Verabredungen bist, bist du auch alt genug zu wissen, dass deine Eltern nicht nur das Recht, sondern auch die heilige Pflicht haben, wie es ihnen die Führer der Kirche geraten haben, sich dafür zu interessieren, mit wem du ausgehst und was ihr unternehmt.

Wenn du reif genug bist für Verabredungen, bist du auch reif genug, ohne kindische Diskussionen zu akzeptieren, dass sie dir in ihrer Eigenschaft als Eltern Verhaltensmaßregeln auferlegen.

Kein vernünftiger Vater würde dein neues Kabrio an einen x-Beliebigen verleihen, der damit irgendwo hinfährt, irgendetwas tut und irgendwann wiederkommt. Wenn du alt genug für Verabredungen bist, erkennst du, wie töricht Eltern sind, die zulassen, dass ihre Kinder sich auf so etwas einlassen. Erwarte von deinen Eltern nicht, dir – ihrer wertvollsten Habe – zu erlauben, dich auf so etwas Undurchsichtiges einzulassen.

Eigentlich ist das mit dem verliehenen Auto gar nicht so dramatisch wie du meinst, denn sollte es zu einem Totalschaden kommen, könnte es ersetzt werden. Bei Verabredungen gibt es einige Probleme und Gefahren, für die es keine so einfache Lösung gibt.

Einige Richtlinien für Verabredungen

Wenn du alt genug bist, solltest du Verabredungen haben. Es ist gut, wenn junge Männer und junge Frauen einander kennen und schätzen lernen. Es ist gut, wenn du zu Sportveranstaltungen, Tanzabenden und Picknicks gehst und all das tust, was junge Leute gern tun. Wir ermuntern unsere jungen Leute, sich miteinander zu verabreden. Wir legen euch nahe, euch hohe Maßstäbe für Verabredungen zu setzen.

Wann bist du alt genug? Die persönliche Reife ist bei jedem anders ausgeprägt, aber wir sind überzeugt, dass man frühestens mit 16 Jahren mit Verabredungen beginnen sollte. Und dann ist es am besten, etwas als Gruppe zu unternehmen. Bleibt bei der Gruppe, geht nicht zu zweit eure eigenen Wege. Geht nicht immer mit der gleichen Person aus. Das tut man in der Zeit des Werbens, und das Werben solltest du auf später verschieben, auf die Zeit, wenn du kein Teenager mehr bist.

Du solltest dich nicht verabreden, wenn du noch nicht reif dafür bist. Außerdem sollte immer jemand in der Nähe sein. Sei dankbar, wenn deine Eltern darauf achten.

Junge Menschen meinen oft irrigerweise, dass eine geistige Gesinnung und eine religiöse Einstellung ihre Entwicklung beeinträchtigen. Sie meinen, dass die Anforderungen der Kirche eine ärgerliche Einmischung darstellen und verhindern, dass sich ein junger Mann und eine junge Frau voll ausleben können.

Wie töricht ist doch der Jugendliche, der meint, die Kirche zäune die Liebe ein und hielte ihn davon fern. Ihr jungen Leute, wenn ihr doch nur verstehen würdet! Die Anforderungen der Kirche sind der Weg zu Liebe und Glücklichsein. Leitplanken sichern den Weg, Wegweiser sind gut sichtbar, und auf der gesamten Strecke ist Hilfe verfügbar.

Es ist wirklich bedauerlich, wenn jemand die Ratschläge und Einschränkungen übel nimmt. Wie glücklich könnt ihr euch schätzen, die ihr euch an die Richtlinien der Kirche haltet, selbst wenn ihr es lediglich aus Gehorsam oder Gewohnheit tut. Ihr werdet die größte Freude erfahren.

Deine Eltern lieben dich

Hab Geduld mit deinen Eltern. Sie lieben dich von ganzem Herzen. Sie nehmen sehr viel Anteil an deinem Leben und werden womöglich zu energisch, wenn sie dir Regeln auferlegen. Aber hab Geduld. Denk daran, dass sie ein großes Kindererziehungsprojekt in Angriff genommen haben, und mit dir machen sie das zum ersten Mal. Sie haben noch nie ein Kind großgezogen, das genauso war wie du.

Gestehe ihnen zu, dass sie etwas missverstehen und den einen oder anderen Fehler machen. Das haben sie dir auch zugestanden. Erkenne ihre Autorität an. Sei dankbar, dass sie Regeln aufstellen. Dadurch kannst du auf den Weg gelangen, der dich wirklich groß macht.

Sei deinen Eltern gegenüber offen. Sprich mit ihnen. Sprich mit ihnen, wenn du Probleme hast. Bete mit ihnen, bevor du zu einer Verabredung gehst.

Höre auf den Rat deines Bischofs, deiner Lehrer im Priestertum und in den Hilfsorganisationen und deines Seminarlehrers.

„Ehre deinen Vater und deine Mutter.“ Das ist das erste Gebot mit einer Verheißung – „damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.“ (Exodus 20:12.)

Ich bezeuge, dass Gott lebt. Ihr seid jetzt alt genug zu erfahren, dass wir, eure Eltern, auch Kinder sind, die danach trachten, Gottes Weisung zu folgen und uns von ihm erziehen zu lassen. Wir lieben euch, die Jugend der Kirche. Vor allem aber haben wir Achtung vor euch.

Nach einer Ansprache bei der Generalkonferenz im April 1965.