2019
Die Froschprinzessin vergibt
September 2019


Die Froschprinzessin vergibt

Katja möchte ein Theaterstück spielen, aber Sonja versucht, es an sich zu reißen!

„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6:36)

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The Frog Princess Forgives

Katja trug einen großen Karton, als sie aus ihrem Wohnhaus hinaus in den Sonnenschein trat. Es war Sommer, und einige Monate lang hatten sie in ihrer Stadt in Russland warmes Wetter. Sie stellte den Karton auf einer Bank ab, wo ihre Freunde Dimitri und Sonja warteten.

„Hier ist alles, was wir für unser Stück brauchen!“, sagte Katja. Sie öffnete den Karton und zog eine Plastikkrone sowie lilafarbenen, blauen und roten Stoff heraus. Mit ein bisschen Kreativität könnten sie daraus tolle Kostüme zaubern.

„Was spielen wir denn?“, fragte Dimitri.

Katja lächelte. „Ich finde, wir sollten ‚Die Froschprinzessin‘ spielen!“ Das war ihr Lieblingsmärchen. Katja lächelte, als sie sich selbst in der Rolle der schönen Wassilissa vorstellte.

Sonja griff nach dem blauen Stoff aus dem Karton und wickelte ihn sich um. „Ich möchte Wassilissa sein!“, sagte sie.

„Warte mal“, meinte Katja. „Das war meine Idee. Also sollte ich Wassilissa sein.“

„Du kannst sie ja auch sein“, meinte Sonja. Aber dann kicherte sie. „Wenn sie noch ein Frosch ist!“

Katja warf Sonja einen finsteren Blick zu und zog ihr den blauen Stoff weg. „Aber es ist mein Stück!“

Sonja stemmte die Hände in die Hüften. „Niemand will mit dir spielen, wenn du so rechthaberisch bist. Du bist als Prinzessin nicht so gut wie als Frosch.“

Katja stiegen die Tränen in den Augen. Sie nahm ihren Karton und rannte ins Haus und die vielen Stufen nach oben zur Wohnung ihrer Familie. Sie schlug die Tür hinter sich zu.

„Was ist denn los?“, fragte Mama. Katja brach in Tränen aus.

„Sonja macht alles kaputt!“ Katja erzählte Mama die ganze Geschichte. „Sie hat gesagt, ich wäre ein Frosch!“

„Ach Katjuscha“, meinte Mama. Katjuscha war Mamas Kosename für Katja. „Das tut mir leid. Das war nicht sehr nett von ihr.“

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Mama öffnete, aber Katja rannte in ihr Zimmer. Sie hörte Stimmen, und dann rief Mama sie. „Möchtest du mit Sonja reden? Sie möchte dir etwas sagen.“

„Nein!“, schrie Katja.

Wieder hörte sie Stimmen, und dann wurde die Tür geschlossen.

„Ich glaube, Sonja tut es leid“, sagte Mama.

„Ist mir egal“, erwiderte Katja. Sie vergrub ihr Gesicht noch tiefer in ihr Kissen.

Mama blieb einen Moment in der Tür stehen. „Weißt du, wenn ich mal sehr ärgerlich bin, vergebe ich anderen überhaupt nicht gern. Manchmal muss ich den Vater im Himmel bitten, mir zu helfen, vergeben zu wollen.“ Dann ging sie weg.

Katja war zu wütend, um zu vergeben. Sonja hatte ihre Gefühle verletzt! Aber … wütend zu sein war auch kein gutes Gefühl.

Sie seufzte und kniete sich neben ihr Bett. Katja wusste, dass der Vater im Himmel wollte, dass sie Sonja vergab. Das war das Richtige. Aber vielleicht wollte der Vater im Himmel auch, dass Katja vergab, weil sie sich dann auch selbst besser fühlen würde.

„Himmlischer Vater, bitte hilf mir, dass ich Sonja vergeben kann“, betete sie. „Ich möchte es eigentlich nicht, aber ich möchte auch nicht wütend bleiben.“

Sie beendete ihr Gebet und holte tief Luft. Katja spürte, wie ihr Ärger nachließ, jedenfalls ein wenig. Sie konnte es. Sie konnte vergeben. Sie ging zu Sonjas Wohnung und klopfte an die Tür.

Sonja öffnete und fing sofort an zu reden. „Katja, es tut mir leid, was ich gesagt habe.“

„Ich vergebe dir“, erwiderte Katja. „Und mir tut es leid, dass ich dir all meine Sachen weggenommen habe. Du wärst auch eine gute Wassilissa. Wir können uns ja abwechseln.“

Sonja lächelte. „Na gut. Wollen wir jetzt spielen? Ich hole Dimitri!“

Katja lächelte zurück. „Ich hole die Kostüme!“