2021
Wunder in den Schweizer Alpen: Wie ich die Aufzeichnungen meiner Familie fand
Juli 2021


Nur online

Wunder in den Schweizer Alpen: Wie ich die Aufzeichnungen meiner Familie fand

Der Verfasser lebt in Kalifornien.

Unsere Familie wusste fast nichts über die Vorfahren meines Vaters in der Schweiz, aber durch die lenkende Hand des Vaters im Himmel konnten wir die Wissenslücken füllen

Bild
Nahaufnahme eines alten Buches

Ich weiß noch, wie ich als Jugendlicher auf meine Ahnentafel schaute und mich fragte, wie wir wohl jemals die leeren Kästchen auf der Seite meines Vaters würden ausfüllen können. Mein Vater, Joseph Terribilini, wurde in den USA als Sohn von Einwanderern geboren. Sein Vater, Giuseppe, war aus einem kleinen Dorf in den Schweizer Alpen ausgewandert, über das wir nicht viel wussten. Ich wollte schon immer in der Familienforschung vorankommen und hatte oft gebetet, Hilfe dabei zu erhalten, um die zahlreichen Hindernisse, die uns im Weg standen, überwinden zu können.

Der Vater im Himmel kannte diese Hindernisse. Schon bei meiner Missionsberufung spürte ich seine Führung. Zwischen Alabama und Italien ereignete sich ein Wunder nach dem anderen – sechs an der Zahl! Sie erleichterten es uns, die Lücken im Stammbaum meines Vaters zu füllen.

Wunder Nr. 1

Ich hatte schon immer das Gefühl, dass ich auf Mission in die Schweiz berufen werden würde, wo meine Vorfahren einst lebten. Als ich 1970 nach Italien berufen wurde, war ich überrascht und aufgeregt. In der Sprachmission (jetzt ist das die Missionarsschule) fand ich heraus, dass die Südschweiz, wo meine Vorfahren herkamen, tatsächlich zu meiner Mission gehörte. Ich wusste, dass der Vater im Himmel mich aus einem bestimmten Grund an diesen Ort berufen hatte.

Wunder Nr. 2

Auf Mission wurden mein Mitarbeiter und ich als Zonenleiter für ein Gebiet eingeteilt, das die Südschweiz umfasste – und wir hatten ein Auto.

Wir fuhren in das Dorf Vergeletto, aus dem meine Familie stammte, und suchten einen meiner Cousins auf. Er führte uns herum und stellte uns dem Gemeindepfarrer vor, der uns auf Wunsch die kirchlichen Personenstandsbücher zeigte. Wir mussten dann zurück, aber ein Samen keimte in mir, der während meiner gesamten Mission wachsen sollte.

Wunder Nr. 3

Als mir nur noch ein Monat auf Mission blieb, hatte ich das Gefühl, dass ich etwas unternehmen und die Aufzeichnungen meiner Familie finden musste, bevor ich nach Hause zurückkehrte. Ich betete, ob ich noch etwas tun könnte, und spürte eine deutliche Eingebung des Heiligen Geistes: Ich solle eine Kopie der Personenstandsdaten besorgen, die ich vor Monaten eingesehen hatte. Ich sagte meinem Missionspräsidenten, dass ich das Gefühl habe, in das Dorf meiner Familie in der Schweiz zurückkehren zu müssen, und erklärte, warum. Das Dorf war 140 Kilometer entfernt, aber mein Missionspräsident gab mir trotzdem die Erlaubnis, dort hinzufahren.

Wunder Nr. 4

Es dämmerte bereits, als uns die schmale, kurvenreiche Straße den Berg hinauf in das Dörfchen Vergeletto führte. Wir parkten am zentralen Punkt des Ortes, der katholischen Kirche. Mein Mitarbeiter und ich fühlten uns gedrängt, zum Friedhof gegenüber der Kirche zu gehen, der von Kerzen erhellt war.

Als wir ihn betraten, spürte ich deutlich und stark wie nie zuvor, wie der Geist mich führte. Dieses Gefühl und die frische Alpenluft erzeugten eine Empfindung, die ich nie vergessen werde. Es schien so, als würde auf jedem zweiten Grabstein mein Nachname stehen. Wir entdeckten sogar das Grab meines Urgroßvaters – dort war vermerkt, die Dorfbewohner hätten ihn aufgesucht, wenn sie Heilung für Knochenbrüche suchten.

Wir kehrten zur Kirche zurück, um zu sehen, ob wir den Pfarrer finden konnten. Dort trafen wir einen alten Mann, der uns erzählte, dass es Il Giorno dei Morti sei, der „Tag der Toten“, ein Feiertag, der als Allerseelen bekannt ist (was die vielen Kerzen auf dem Friedhof erklärte). Der Mann sagte uns, dass der Pfarrer in den Nachbardörfern Gottesdienste halten müsse und in zwei Stunden zurück sein werde.

Mein Mitarbeiter und ich warteten. Als der Pfarrer zurückkam, erinnerte ich ihn an unsere Begegnung ein paar Monate zuvor und fragte dann, ob ich die Personenstandsdaten der Gemeinde noch einmal sehen dürfe.

Er war einverstanden.

Wunder Nr. 5

Der Pfarrer brachte eine Kiste mit Büchern herbei, die viele hundert Jahre alt waren. Ich erzählte ihm, dass unsere Kirche im 270 Kilometer entfernten Parma Kirchenbücher auf Mikrofilm speicherte. Dann fragte ich, ob er uns erlauben würde, die Aufzeichnungen für ein paar Wochen mitzunehmen und sie abzulichten.

Auch damit war er einverstanden. Ich war platt.

Als wir aus dem Dorf fuhren, staunte ich so sehr über das, was gerade passiert war, dass ich sogar in den Rückspiegel schaute, weil ich fürchtete, der Pfarrer würde uns hinterherrennen, weil er seine Meinung geändert hatte. Zwei Wochen später brachten wir ihm die Aufzeichnungen wie versprochen zurück.

Wunder Nr. 6

Aufgrund der Schrift, der Verwendung von lateinischer Sprache und des altersbedingten Verfalls waren die Aufzeichnungen schlecht lesbar. Aber dann, vor wenigen Jahren, bemerkte ich, dass Hunderte von Datensätzen aus Vergeletto mit meinen Vorfahren in FamilySearch verknüpft worden waren. Familienlinien, die früher nur drei bis vier Generationen umfassten, erstreckten sich nun über sieben bis neun Generationen!

Es stellte sich heraus, dass ein Genealoge im US-Bundesstaat Alabama, der kein Mitglied der Kirche ist, einen Zweig des Stammbaums mit mir teilt. Er hatte die Aufzeichnungen aus den Büchern, die ich in Italien hatte ablichten lassen, aufgerufen und gelesen und in FamilySearch eingearbeitet. Dieser Mann ist unglaublich – wir haben seitdem oft zusammengearbeitet. Er erklärte, dass das Hochladen dieser Namen und Quellen seine Art sei, sich bei der Kirche für all ihre Arbeit bei der Bereitstellung von Aufzeichnungen in FamilySearch zu revanchieren.

Jetzt ist die Seite meines Vaters in der Ahnentafel voll mit Namen. Und mir wurde der Segen zuteil, für diese Menschen Tempelarbeit leisten zu dürfen.

Ich habe oft zurückgeblickt und mich gefragt, warum ein katholischer Pfarrer einem jungen Amerikaner – noch dazu einem Missionar für eine andere Kirche – erlaubte, diese Aufzeichnungen zum Ablichten außer Landes zu bringen. Hatten meine Vorfahren für mich gebetet? Hatten sie dafür gebetet, dass das Herz des Pfarrers erweicht würde?

Ich weiß es nicht – es könnte beides gewesen sein. Aber ich weiß, dass der Vater im Himmel Wunder bewirkt, wenn wir seine Hilfe suchen. Es ist genau so, wie es Elder Dale G. Renlund verheißen hat. Die Arbeit an der Familiengeschichte birgt immense Segnungen für die Menschen auf beiden Seiten des Schleiers: „Gott wird uns stärken, helfen und aufrechterhalten und er wird uns unseren tiefsten Kummer heiligen. Wenn wir die Geschichte unserer Familie zusammentragen und für unsere Vorfahren in den Tempel gehen, erfüllt Gott viele dieser verheißenen Segnungen gleichzeitig auf beiden Seiten des Schleiers.“1 Der Herr führt uns bei dieser Arbeit, und wenn wir ihm vertrauen, kann er Wunder für uns und unsere Familie wirken, während wir uns darum bemühen, Israel zu sammeln.

Anmerkung

  1. Dale G. Renlund, „Familienforschung und Tempelarbeit: Siegelung und Heilung“, Liahona, Mai 2018, Seite 49