2023
Ich war überheblich und stolz
Juli 2023


Mein Glaube im Alltag

Ich war überheblich und stolz

Herne (AM): Es war vor vielen Jahren: Ich beschloss für mich, nicht mehr zur Kirche zu gehen. Warum? Ich dachte, dass ich schon alles wüsste und dass man mir auf diese Weise sowieso nichts mehr beibringen könne. Ich war überheblich.

So nahmen die Dinge ihren Lauf. Sonntags schlief ich absichtlich länger. Die leise Stimme in meinem Hinterkopf, die mir sagte: „Geh wieder zur Kirche!“, versuchte ich, so gut wie möglich zu ignorieren. So ging es eine ganze Zeit. Trotzdem lebte ich nach dem Wort der Weisheit, rauchte nicht und trank weder Alkohol noch Kaffee. Ich lebte trotzig mein Leben. Aber die leise Stimme gab keine Ruhe. Nach ein paar Wochen hörte ich sie nicht mehr. Na also, ich konnte auch ohne den Heiligen Geist gut leben.

Doch dann erkrankte ich. In meiner Überheblichkeit hatte ich mich überarbeitet. Jetzt musste sich mein Körper erholen. Eines Tages einige Wochen später fing ich von jetzt auf gleich an zu weinen und konnte mich nicht mehr beruhigen. Ich weinte und schluchzte und wusste zuerst gar nicht, warum. Als ich mich endlich beruhigt hatte, hörte ich im Geist das Lied „Ich bin ein Kind von Gott“ (Nr. 202 im Gesangbuch), das seit meiner Kindheit mein Lieblingslied ist. Oh, wie sehr schämte ich mich. Wie hatte sich meine Überheblichkeit breitmachen können? Wofür war mein Stolz gut gewesen? Für wen oder was habe ich das getan? Wem wollte ich etwas beweisen?

Ich war gescheitert und gleichzeitig hatte ich den Kampf gewonnen. Als ich zum Gebet niederkniete, liefen schon wieder Tränen, Tränen der Scham. Doch während des Gebets liefen Tränen des Glücks. Ich hatte mich wiedergefunden.

Seit dieser Erfahrung bin ich ruhiger geworden. Wenn ich doch einmal vom Weg abkomme, erinnere ich mich an das Lied. Es ist mein Anker geworden. Ich werde bestimmt noch viele Stürme und Kämpfe haben. Der Vater im Himmel gibt uns nicht auf, wenn wir es zulassen. An meinem Schlüsselbund habe ich ein kleines Schiffsruder, eine eiserne Stange und ein schwarzes Schaf. Das Schiffsruder soll mir helfen, nicht vom Weg abzukommen, die eiserne Stange gibt mir Halt auf dem Weg und das schwarze Schaf symbolisiert, dass Gott alle seine Kinder liebt. So hat sicherlich jeder etwas, was ihm hilft, sich an Wichtiges zu erinnern.